Willich Krefeld und der Kreis als 3D-Karte

Willich · Die Geologen Stefan Henscheid und Till Klöckner haben eine digitale Karte von Krefeld und dem Ostkreis Viersen erarbeitet, die die Höhenlagen der Stadt zeigt. Die Forschungsarbeit ist richtungsweisend: Nun können Hochwassersituationen am PC simuliert werden. Ein Poster mit einer Zusammenfassung aller Fakten liegt der nächsten Ausgabe der Krefelder Zeitschrift "Die Heimat" bei.

 Stefan Henscheid, Robert Claßen (von der Zeitschrift "Die Heimat") und Till Klöckner (v.l.) präsentieren das neue Poster "Digitales Geländemodell der Krefelder Terrassenlandschaft.

Stefan Henscheid, Robert Claßen (von der Zeitschrift "Die Heimat") und Till Klöckner (v.l.) präsentieren das neue Poster "Digitales Geländemodell der Krefelder Terrassenlandschaft.

Foto: Strücken

Rund einhundert Jahre nach der richtungsweisenden Arbeit von Albert Steeger und Felix Rütten zur Siedlungsgeschichte Krefelds haben zwei Geologen jetzt ein digitales Geländemodell erarbeitet, das in einer plastischen Darstellung die topografischen Höhenlagen der Stadt zeigt. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit von Stefan Henscheid, Geologischer Dienst, und Masterstudent Till Klöckner könnten grundlegend für Stadtplanung, Stadtentwässerung und Krefelder Bauherren sein. Denn erstmals ist es nun möglich, auch große Hochwassersituationen am Computer zu simulieren. Gleichzeitig bietet die Arbeit der beiden Geologen viele Ansatzpunkte, um offene Fragen der Siedlungsgeschichte Krefelds zu klären.

Ihre Ergebnisse haben Henscheid und Klöckner auf einem großen, beidseitig bedruckten Poster zusammengefasst, das der nächsten Ausgabe von "Die Heimat" beigelegt wird. Zusätzlich wird das Poster vom Geologischen Dienst auch kostenlos an Interessierte abgegeben.

 Wenige Jahre nach dem Erscheinen der ersten geologischen Karte von Krefeld legten Felix Rütten und Albert Steeger 1931 diese richtungsweisende Interpretation der Siedlungsgeschichte vor.

Wenige Jahre nach dem Erscheinen der ersten geologischen Karte von Krefeld legten Felix Rütten und Albert Steeger 1931 diese richtungsweisende Interpretation der Siedlungsgeschichte vor.

Foto: Karte zur Siedlungsgeschichte aus Rütten&Steeger 1931

Ausgangspunkt für die neue Studie sind Daten, die alle drei Jahre von der Landesvermessung NRW per "Airborne Laserscanning" erhoben werden. Dabei werden die Höheninformationen großflächig mittels eines Laserscanners vom Flugzeug aus erfasst. Der Laserscanner sendet hochfrequente Lichtstrahlen zur Erdoberfläche und registriert über einen Sensor das zurückgeworfene Signal. Daraus ergibt sich die vom Lichtstrahl zurückgelegte Strecke, die in Kombination mit einer GPS-Lagebestimmung die Höhenlage jedes abgetasteten Geländepunkts berechnet. Verfälschende Daten, wie zum Beispiel Gebäudeoberflächen, werden herausgefiltert.

Die überraschende Erkenntnis: Krefeld ist nicht "plattes Land", sondern liegt auf zwei unterschiedlich hohen so genannten Terrassenflächen. Die Kante zwischen den beiden Terrassen verläuft etwa auf der Linie Hinter Orbroich, Herrenweg, Bruckersche Straße, Inrather Straße, Weggenhofplatz, Steckendorfer Straße, Dießemer und Oberdießemer Straße Richtung Grundend. An einigen Stellen ist die rund vier Meter hohe Kante auch heute noch gut zu erkennen, so zum Beispiel in Orbroich in der Nähe des Café Kornblume, berichtet Stefan Henscheid. Dem Geologen schwebt vor, diese Terrassenkanten zu geschützten "Geotopen" erklären zu lassen. Geotope geben Einblicke in den geologischen Aufbau der Erde. Drei bis vier solcher Orte, meint Henscheid, könne man in Krefeld finden.

 In diesem Blockdiagramm werden die in rot abgebildeten "Krefelder Berge" 15-fach überhöht dargestellt.

In diesem Blockdiagramm werden die in rot abgebildeten "Krefelder Berge" 15-fach überhöht dargestellt.

Foto: Geologischer Dienst NRW

"Das Feinrelief ist noch nie so herausgearbeitet worden", sagt Henscheid. Auf der Karte von Steeger und Rütten sei nur eine hellbraune Fläche zu erkennen gewesen. Jetzt wird allein durch die Farbdarstellung überdeutlich, wo die Terrassenkante verläuft. Im östlichen Bereich Richtung Rhein ist die Niederterrasse grün dargestellt, westlich und höher gelegen die Mittelterrasse in orange-braun. Krefelds "Berge" heben sich in leuchtendem Rot ab. Gut zu erkennen sind auch die mäandernden Niepkuhlen. Folgt man der Linie der Terrassenkante, ist eine weitere Besonderheit zu erkennen: "Dort reihen sich Bauernhöfe perlenschnurartig aneinander", erklärt Henscheid. Die Ansiedlung an der Kante erlaubte den Landwirten, auf der fruchtbaren westlichen Seite, die man heute als Kempener Platte bezeichnet, Ackerbau zu betreiben. Gleichzeitig lagen die Höfe in östlicher Richtung in der Nähe der üppigen Weiden der Niederterrassenlandschaft - eine ideale hausnahe Kombination der Viehwirtschaft war so möglich.

Auch der historische Kern der Stadt Krefeld ist mit seiner stadtgeschichtlich jungen Anlage der rechteckigen Wallstraßen gut zu erkennen, ebenso wie die Siedlungskerne von Hüls und Fischeln.

(RP)
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