Stadt Willich Kreisarchiv: Weiter warten auf Viersen

Stadt Willich · Der Rat der Stadt Viersen hat Bürgermeisterin Anemüller beauftragt, mit dem Kreis über eine Eingliederung des Stadtarchivs zu verhandeln. Einigt man sich nicht, könnte Willich zum Zuge kommen. Aber das ist unwahrscheinlich.

 Willichs Stadtarchivar Udo Holzenthal und Mitarbeiterin Marlene Mathes arbeiten derzeit im Keller des Schiefbahner Verwaltungsgebäudes. Das Kreisarchiv (Bild rechts) ist noch in der Kempener Burg untergebracht.

Willichs Stadtarchivar Udo Holzenthal und Mitarbeiterin Marlene Mathes arbeiten derzeit im Keller des Schiefbahner Verwaltungsgebäudes. Das Kreisarchiv (Bild rechts) ist noch in der Kempener Burg untergebracht.

Foto: Kaiser

Viersen macht es weiter spannend: Der Rat der Stadt hat Bürgermeisterin Sabine Anemüller beauftragt, weiter mit Landrat Dr. Andreas Coenen über eine Eingliederung des Viersener Stadtarchivs in einen geplanten Neubau des Kreisarchivs zu verhandeln. Der Neubau würde dann in Viersen stehen. Auch in Willich steht das Thema heute auf der Tagesordnung des Stadtrates, auch hier würde man gern das neue Kreisarchiv bauen. Die Zwickmühle: Der Landrat will, dass möglichst Viersen und Willich dann ihre Stadtarchive ins neue Kreisarchiv einbringen. Da der Standort aber nun mal nur in einer der beiden Städte sein kann, aber beide gern ihre Archivalien in ihrer Stadt behalten möchten, geht das Tauziehen nun schon eine ganze Weile.

Stadt Willich: Kreisarchiv: Weiter warten auf Viersen
Foto: Kaiser Wolfgang

In geheimer Abstimmung sprachen sich im Viersener Rat jetzt nach einer leidenschaftlich geführten Debatte 30 Mitglieder dafür aus, mit dem Landrat weiterzuverhandeln, 23 stimmten dagegen. Ein Ergebnis der Beratungen soll bis zum 22. September vorliegen. In einer Sondersitzung des Rates könnte dann die endgültige Entscheidung für oder gegen eine Aufgabe des Viersener Stadtarchivs fallen. Da Landrat Coenen bereits öffentlich kundgetan hat, dass er Viersen als Standort favorisiert und Willich nur infrage käme, wenn Viersen nicht möchte, wird heute Abend zwar vermutlich im Willicher Rat über den Tagesordnungspunkt gesprochen - ob auch eine Entscheidung getroffen werden soll, ist aber noch unklar. Die Fraktionen beraten wohl noch, ist zu hören.

Bernd-Dieter Röhrscheid, Fraktionsvorsitzender der SPD im Willicher Stadtrat, geht allerdings davon aus, dass sich die Viersener mit dem Landrat ohnehin einigen werden. Auch Willichs Beigeordnete Brigitte Schwerdtfeger hält es für "unwahrscheinlich", dass es keine Einigung geben wird. Röhrscheid findet es zwar schade, dass dann die Chance vertan ist, das Kreisarchiv nach Willich zu holen und hier mit dem Stadtarchiv zu vereinen und so "ein noch größeres Bürgerarchiv bieten zu können". Andererseits sieht er auch das jetzige Willicher Stadtarchiv im Keller des Schiefbahner Verwaltungsgebäudes als attraktives Angebot, das durch Kooperationen mit den benachbarten Schulen, dem Bürgerverein Anrath und den Heimat- und Geschichtsfreunden Willich (in deren Vorstand Röhrscheid ist) bereits viele Nutzer habe. Sollten sich Anemüller und Coenen nicht einigen, müsse man neu verhandeln und Willichs Forderungen durchsetzen, so Schwerdtfeger. "Wir müssen dann über unterschiedliche Optionen nachdenken und diese auch selbstbewusst einfordern", sagt Willichs CDU-Fraktionsvorsitzender Johannes Bäumges. Standort des neuen Kreisarchivs auf Willicher Stadtgebiet sollte dann ein Grundstück gegenüber des St.-Bernhard-Gymnasiums sein. "Dieses könnte man bis 2018 baureif machen", sagt Röhrscheid.

Dafür, dass Anemüller und Coenen eine Einigung erzielen werden, spricht die Tatsache, dass die Viersener Ratsmitglieder eine Liste von zehn Forderungen für die Verhandlungen, die der Kulturausschuss erarbeitet hatte, nicht mehr als verpflichtend ansehen. Im Beschluss heißt es nun, "es soll versucht werden, Einvernehmen zu erzielen". Die zehn Forderungen umfassen unter anderem, dass der Kreis die Miete für das Gebäude des Viersener Stadtarchivs trägt, aber auch einen Kostendeckel für die geplante Neubaumaßnahme und die Verpflichtung, dass das neue Kreisarchiv seinen Sitz in Viersen hat. Insbesondere Viersener CDU und Grüne machten deutlich, dass sie es nicht an Details scheitern lassen wollen - wenn denn die Rahmenbedingungen stimmen. "Wenn das ,Viersener Modell' eines Bürgerarchivs bei einer Eingliederung ins Kreisarchiv nicht gesichert werden kann, dann werden wir sagen: Nein!", erklärte CDU-Fraktionsvorsitzender Stephan Sillekens.

Erstmals positionierte sich auch Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) öffentlich in der Archivfrage. Die ablehnende Haltung der Verwaltung teile sie uneingeschränkt, sagte sie. Auch Viersens Erster Beigeordnete Paul Schrömbges (CDU, der lange in der Willicher Politik aktiv war) gilt als Kritiker eines ins Kreisarchiv eingegliederten Viersener Stadtarchivs. Dennoch sollen beide mit dem Landrat in den kommenden Tagen die Verhandlungen führen. Auf Vorschlag der Grünen wird ihnen jedoch bei den Gesprächen ein Vertreter jeder Fraktion an die Seite gestellt.

Hans-Willi Pertenbreiter (FürVie) erkundigte sich beim Ersten Beigeordneten, ob die Stadt Viersen Gespräche mit der Stadt Willich über einen gemeinsamen Betrieb beider Stadtarchive führe. Schrömbges erklärte, es gebe Gespräche als "interkollegialen Austausch" und betonte: "Es gibt dabei aber keine Punkte, die die Konsistenz erreicht haben, dass sie in den politischen Raum gehören." Das wird in Willich offenkundig anders bewertet. In einer Vorlage für den Willicher Rat heißt es unter der Überschrift "Die Alternative - Kooperation mit der Stadt Viersen" wörtlich: "Parallel zu den Erörterungen mit dem Kreis Viersen hat die Verwaltung auch Gespräche mit der Stadt Viersen aufgenommen. (...) Im Zuge der Verwaltungsgespräche ist eine intensivere Zusammenarbeit diskutiert und für sinnvoll und für beide als qualitätssteigernd beurteilt worden. (...) Grundsätzlich vertritt die Verwaltung die Position, dass eine Kooperation mit dem Stadtarchiv der Stadt Viersen und der Beibehaltung des eigenen Stadtarchivs für die Willicher Bürger die größeren Vorteile bietet." Auch für Johannes Bäumges böte eine Kooperation der beiden Stadtarchive Vorteile, da sich deren Strukturen stark ähneln - übrigens mehr, als es Gemeinsamkeiten mit dem Kreisarchiv gibt.

(RP)
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