Sechsjährige in Willich lebensgefährlich verletzt Mutter soll Kind niedergestochen haben

Willich · In Willich ist ein sechs Jahre altes Mädchen mit einem Messer lebensgefährlich verletzt worden. Die Polizei nahm mindestens eine Angehörige fest. Dabei soll es sich um die Mutter des Kindes handeln.

Mädchen mit Messerstichen schwer verletzt
6 Bilder

Mädchen mit Messerstichen schwer verletzt

6 Bilder

Die Rollläden im Erdgeschoss des Backsteinbaus an der Straße am Willicher Ortseingang sind heruntergelassen. Dafür ist die Eingangstür des zweistöckigen Mehrfamilienhauses einen Spalt breit geöffnet. Ein türkischstämmiger Mann kommt heraus. In stark gebrochenem Deutsch sagt er: "Ich weiß nichts. Ich sage nichts." Er wohnt in der ersten Etage.

In der Wohnung über ihm hat sich am späten Dienstagabend eine Familientragödie abgespielt, bei der ein sechs Jahre altes Mädchen mit einem Messer niedergestochen und lebensgefährlich verletzt wurde. Angehörige brachten das Kind mit zwei tiefen Stichwunden gegen 22.30 Uhr in ein Krankenhaus in Willich. Eine Notoperation rettete dem Mädchen das Leben. Sein Gesundheitszustand sei stabil, hieß es am Mittwoch in einer Krefelder Spezialklinik, in die das Mädchen nach der Operation verlegt wurde.

Mordkommission ermittelt

Die Polizei richtete unmittelbar nach der Bluttat eine Mordkommission ein. Die Ermittler vermuten, dass enge Familienangehörige dem Mädchen die Verletzungen zugefügt haben. "Wir gehen von einem innerfamiliären Geschehen aus", sagte ein Polizeisprecher. "Wir haben verdächtige Personen festgenommen."

Dabei soll es sich um die Mutter (36) und eine ältere Schwester (17) des Opfers handeln. Die Polizei wollte sich aus ermittlungstaktischen Gründen nicht dazu äußern und kündigte für Donnerstagnachmittag eine Pressekonferenz im Mönchengladbacher Präsidium an. Hintergrund der Familientragödie soll ein Sorgerechtsstreit um die Sechsjährige sein, der zu Gunsten der Mutter ausgegangen sein soll.

Susanne Kamp, Leiterin des Geschäftsbereichs Jugend und Soziales bei der Stadt Willich, bestätigte, dass das Jugendamt in den Fall involviert sei, da es um den gesetzlichen Schutzauftrag für Minderjährige gehe. Keinerlei Angaben machte Kamp auf die Frage, ob die Familie bei der Behörde bekannt sei. Der Schutzauftrag verbiete es, dazu etwas zu sagen. Ihr sei auch nicht bekannt, ob es einen Zusammenhang gebe zwischen den Verletzungen und einem Familienrechtsstreit. Die Familie soll erst vor wenigen Wochen in das Wohnhaus am Willicher Ortseingang gezogen sein und aus der Türkei stammen. Die Eltern sollen schon seit einiger Zeit getrennt leben.

"Einfach nur unbegreiflich"

Die Nachbarn reagierten schockiert, als sie Donnerstagvormittag von dem Verbrechen erfuhren, das sich inmitten ihrer ländlichen Vorstadtidylle zugetragen hat. "So etwas Schlimmes passiert doch ansonsten nur in Großstädten oder in Fernsehfilmen, aber doch nicht hier bei uns im Dorf", sagte Monika Witte. Die 23-Jährige ist selbst Mutter eines zweieinhalb Jahre alten Jungen. Sie wollte gerade mit ihrem Sohn einen Spaziergang machen, als ein Nachbar sie informierte. "Diese abscheuliche Tat ist einfach nur unbegreiflich. Wie kann man das einem Kind nur antun?", fragte die junge Mutter, die nur wenige Schritte entfernt vom Tatort wohnt. "Das stimmt einen traurig und wütend zugleich", sagte sie.

Thomas und Michaela Silex wohnen ebenfalls in direkter Nachbarschaft. Die beiden kennen das Mädchen vom Sehen. "Die Hauptsache ist, dass die Kleine die Verletzungen überlebt hat und hoffentlich keine schweren Schäden davontragen wird", sagte Thomas Silex. Und seine Ehefrau fügte hinzu: "Ich hoffe, dass das Kind der Familie abgenommen wird und es liebevolle Adoptiveltern bekommt."

Liese Hawelka leitet die Grundschule "Willicher Heide", die nur wenige Meter neben dem Haus liegt, in dem das Mädchen niedergestochen wurde. Die Schulleitung erfuhr erst durch unsere Zeitung davon. "Die Polizei hat uns nicht darüber informiert, obwohl sie es hätte tun müssen", sagte Hawelka. Die Lehrer der Grundschule wollen das Thema häusliche Gewalt in den nächsten Tagen im Unterricht thematisieren und kindgerecht aufbereiten. "Aber wie soll man überhaupt Kindern in diesem Alter erklären, dass von ihren Eltern eine Gefahr für sie ausgehen könnte?"

(RP/jco)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort