Stadt Kempen Obstbrände aus der Wackertapp-Mühle

Stadt Kempen · Peter Day lebt und arbeitet zusammen mit seiner Frau Käthe seit 13 Jahren in der Wackertapp-Mühle am Rande von St. Hubert. Jetzt startet er im ehemaligen Mehllager die Manufaktur "Mühle4" für edle Obstbrände.

 Die ersten Flaschen sind bereits abgefüllt, die Etiketten handbeschriftet.

Die ersten Flaschen sind bereits abgefüllt, die Etiketten handbeschriftet.

Foto: Kaiser Wolfgang

Wenn Besucher das Lager neben der Mühle betreten, zieht sofort die Destillieranlage mit ihren glänzenden Kupferteilen die Blicke auf sich. Sie ist das Herzstück der Manufaktur edler Brände, die Gründer Peter Day nach der Adresse einfach "Mühle4" genannt hat. Dort hat Day Anfang des Jahres damit begonnen, edle Obstbrände und Geiste aus vorwiegend regionalen Obstsorten in Kleinauflagen herzustellen. Die ersten Flaschen wurden bereits erfolgreich über das Internet verkauft.

 Über die Temperaturanzeigen lässt sich das Brennen kontrollieren und entsprechend steuern.

Über die Temperaturanzeigen lässt sich das Brennen kontrollieren und entsprechend steuern.

Foto: Peter Day

Was in der Mühle gebrannt wird, ist fernab von industrieller Massenproduktion. Peter Days Rezept ist die handwerkliche Tradition, die er mit viel Liebe zum Produkt am Niederrhein umsetzt. Was im Schwarzwald und anderswo in Süddeutschland gang und gebe ist - das Brennen von Obst als Nebenerwerb der Landwirte, ist am Niederrhein eine Seltenheit.

 Durch kleine Fenster lassen sich das Erhitzen der Maische und das Destillieren beobachten.

Durch kleine Fenster lassen sich das Erhitzen der Maische und das Destillieren beobachten.

Foto: PETER DAY

Doch Peter Day ist kein Landwirt, der über den Obstanbau zum Destillieren kommt. Der 53-jährige Designer betreibt in der Mühle mit den "affektstudios" bereits seit Jahren eine Werbeagentur. Über den Garten, Kochen und die Esskultur entwickelte er eine Leidenschaft für gute Obstbrände, die jetzt in diese neue Geschäftsidee mündete. "Die Idee, im ehemaligen Mehllager der Mühle wieder ein Handwerk zu etablieren, beschäftigte mich schon lange", erzählt Day. Und Handwerk ist das Destillieren in dieser Manufaktur auf jeden Fall. "Bei uns wird jede Frucht von Hand geprüft, gereinigt, verlesen - viele haben wir sogar selber gepflückt, bevor wir sie verarbeiten", beschreibt der Niederrheiner, der in Wesel geboren wurde und in Emmerich aufwuchs. Beim Obst greift er auf Internet und soziale Medien zurück. Über Ebay-Kleinanzeigen konnten sechs, sieben private Adressen gefunden werden, die in der Nähe Quitten anbauen. Der persönliche Kontakt mit den "Obstbauern" ist den Days wichtig. Und gern greift der neue Obstbrenner auch auf Streuobstwiesen zurück. Denn neben Zwetschgen und Quitten hat Peter Day auch einen Obstbrand "Roter Berlepsch", eine alte Sorte von 1880, im Angebot. Doch bei den Kirschen muss es der Schwarzwald sein. Und nicht von ungefähr stammt die Destillieranlage ebenfalls aus Oberkirch im Schwarzwald. Der Mitarbeiter, der die Anlage vor Ort in St. Hubert montierte, konnte dem neuen Besitzer viele wertvolle Tipps geben.

 Die Wackertappmühle von 1842, rechts ist das Mühlenlager zu sehen.

Die Wackertappmühle von 1842, rechts ist das Mühlenlager zu sehen.

Foto: Kaiser Wolfgang

Mit der beeindruckenden Anlage können rund 150 Liter Maische in der Brennblase verarbeitet werden. Gebrannt wird unter "Verschluss", so die offizielle Bezeichnung. "Das bedeutet, dass wir den fertigen Alkohol nur unter Anwesenheit des Zolls aus der Anlage entnehmen können", erläutert Peter Day. Herzstück der Anlage ist der Kühler mit einer Spindel, in der das Destillat in einem stetigen Prozess von erhitzen, kondensieren und sich niederschlagen verfeinert. Der ganze Prozess dauert rund zwei bis drei Stunden. Peter Day versteht seine Manufaktur aber nicht als eine Alchimistenwerkstatt, sondern will sie auch für Brennseminare mit Gruppen öffnen. Zu den Angeboten gehört auch das Lohnbrennen für Obstbauern aus der Region - das wird in der Apfelstadt Tönisvorst sicher mit Interesse gelesen.

 Peter Day an der Destillieranlage für edle Obstbrände. Das Einzelstück wurde von einem Schwarzwälder Unternehmen hergestellt.

Peter Day an der Destillieranlage für edle Obstbrände. Das Einzelstück wurde von einem Schwarzwälder Unternehmen hergestellt.

Foto: WOLFGANG KAISER

Ganz neu im Angebot ist der "Gin vom Niederrhein". Die Etiketten der Flaschen entwarf der Künstler Bobok, mit bürgerlichem Namen Matthias Giltjes. Und es gibt weitere Ideen: "Spätestens Ostern haben wir den ersten Eierlikör im Angebot - und außerdem", so verspricht Peter Day, "wird es bald auch einen echten Kempener Whisky geben."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort