Kreis Viersen Pia Plätzmüller bringt Glück

Kreis Viersen · Die 16-Jährige hat sich für einen Beruf entschieden, der noch eine Männerdomäne ist. Sie lernt den Beruf des Schornsteinfegers. Bei Bezirksschornsteinfegermeister Franz-Peter Baumanns ist sie die erste weibliche Auszubildende.

 Simon Stevens (links) und Franz-Peter Baumanns passen auf, dass die Schornsteinfeger-Auszubildende Pia Plätzmüller sicher auf die Dächer gelangt.

Simon Stevens (links) und Franz-Peter Baumanns passen auf, dass die Schornsteinfeger-Auszubildende Pia Plätzmüller sicher auf die Dächer gelangt.

Foto: Wolfgang Kaiser

Der blonde Zopf wippt unter dem schwarzen Käppi hin und her, während Pia Plätzmüller schnell und souverän die Leiter hinaufsteigt und an den Dachpfannen auf die Tritte wechselt, die zum Schornstein führen. Die Hände mit den rot lackierten Fingernägeln nehmen die über der Schulter hängende Kehrleine ab, und geschickt setzt sie den Kernstern in den Schornstein. Die Augen in dem mit Rußflecken verzierten Gesicht blitzen vergnügt. "Der Beruf, den ich seit August lerne, macht mir riesig Spaß", strahlt die 16-Jährige. Pia Plätzmüller hat sich für einen eher frauenuntypischen Beruf entschieden: Sie hat am 1. August bei Bezirksschornsteinfegermeister Franz-Peter Baumanns aus Schiefbahn eine Lehre zur Schornsteinfegerin gestartet.

Dass die Viersenerin, die die Anne-Frank-Gesamtschule besuchte, ins Handwerk wollte, war ihr schon immer klar. Nur im Büro sitzen, das ist für die junge Frau nicht das Richtige. Doch in welche Richtung es gehen sollte, stand bis zum vergangenen Jahr noch offen. Pia hatte bereits verschiedene Praktika gemacht, aber der richtige Beruf war noch nicht darunter gewesen. Das letzte Schuljahr für den Realschulabschluss nahte, und ihre Mutter machte ihr den Vorschlag, doch einmal in den Beruf des Schornsteinfegers hineinzuschnuppern. Im Herbst vergangenen Jahres folgte also ein erstes Praktikum bei einem Schornsteinfeger, dem sich im Winter gleich ein zweites anschloss. Für Pia stand fest: Das ist der lang gesuchte Beruf.

Sie meldete sich für den Eignungstest in Düsseldorf an und bestand diese erste Hürde, die es vor Beginn der Lehre zu absolvieren gilt. Da der Betrieb, in dem sie ihre Praktika gemacht hatte, bereits einen Lehrling hatte, ging es auf die Suche nach einer Lehrstelle. Baumanns hatte sich gemeldet. Er suchte einen Lehrling für 2014. "In unseren Kreisen tauscht man sich viel aus, und nahezu jeder weiß daher auch, wer einen Lehrling sucht. Pia hat sich dann bei mir vorgestellt, und die Chemie stimmte gleich. Sie ist mein erster weiblicher Lehrling, und ich kann nur sagen, sie macht es sehr gut", lobt Baumanns.

Dem kann sich Schornsteinfegergeselle Simon Stevens nur anschließen. Derzeit ist Pia nämlich mit ihm auf Tour und lernt, wie man sicher Dächer besteigt, Kamine fegt und Messungen macht. Höhenangst kennt die 16-Jährige nicht. "Das wäre auch schlecht", sagt sie vergnügt. Wenngleich es schon Situationen gegeben hat, in denen die junge Frau sich gefragt hat, wie sie da hochkommen sollte. Aber dafür stehen Stevens und Baumanns mit ihrer Erfahrung zur Seite. Wobei man sich in Sachen Dachneigungen langsam steigert. "Am Anfang war Pia erst einmal mit auf den Dächern von Bungalows, dann kamen die ersten leichten Dachschrägen", berichtet Baumanns.

Pia findet, dass jedes Mädchen, das keine Höhenangst und Angst vor Schmutz hat, die Ausbildung schaffen kann. "Wobei es am Anfang schon ungewohnt war, acht Stunden lang Sicherheitsschuhe zu tragen und nonstop auf den Beinen zu sein", bemerkt Plätzmüller. Auch den Koller zu tragen, wie die schwere dicke Jacke der Schonsteinfeger heißt, war zuerst etwas gewöhnungsbedürftig. Neben der körperlichen Arbeit ist jede Menge Fachwissen gefragt. Schornsteinfeger müssen sich bestens mit allen Heizanlagen auskennen und immer auf dem Laufenden sein, was es alles an Neuerungen gibt. Was Pia an ihrem Beruf besonders liebt, ist der Glücksbringerstatus des Schonsteinfegers. Und sie als Mädchen muss dabei eigentlich gleich doppelt Glück bringen, denn Schornsteinfegerinnen sind bislang noch selten zu sehen.

(tref)
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