Baby-Leiche in Willich Polizei sucht nach Mutter des toten Säuglings

Willich · Die Anwohner im Stadtteil Anrath sind entsetzt über den grausigen Fund am Flöthbach. Laut Polizei war der Junge lebensfähig. Anfang März wurde schon in Krefeld ein totes Neugeborenes gefunden. Die Mutter ist noch nicht ermittelt.

Grausiger Fund: Säugling in Bach entdeckt
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Rund zwei Wochen lag ein Stoffbeutel unbeachtet am Wegesrand im Willicher Stadtteil Anrath. Zahlreiche Fußgänger, Radfahrer und Jogger haben ihn gesehen, aber sich nichts dabei gedacht. Am späten Freitagnachmittag machten spielende Kinder und ihr Vater dann die gruselige Entdeckung: In dem Stoffbeutel lag eine bereits stark verweste, nackte Babyleiche. Der strenge Geruch hatte die Neugier der Kinder geweckt.

Beutel wurde für Müll gehalten

 In dieser Tasche war die Leiche versteckt.

In dieser Tasche war die Leiche versteckt.

Foto: Polizei

Der Fundort der Leiche befindet sich am Flöthbach, der derzeit kaum Wasser führt. Vor ein paar Wochen, nach den starken Regenfällen, sah das noch anders aus. Etlicher Unrat hatte sich am Ufer angesammelt, unmittelbar an einer Fußgängerbrücke, die von vielen Passanten genutzt wird. Laut Polizei zog eine Anwohnerin vor zwei Wochen den Beutel nichtsahnend aus dem Wasser und legte ihn in die Böschung - mit der Absicht, ihn in den nächsten Tagen in den Hausmüll zu werfen. Doch dazu kam es nicht, die Kinder fanden die Babyleiche.

Bei der Obduktion des Kindes wurde festgestellt, dass es sich um einen "ausgetragenen, reifen männlichen Säugling" handelt, der lebensfähig war. Das Kind ist abgenabelt, wobei allerdings aufgrund des Zustands des kleinen Leichnams nicht mehr festzustellen ist, ob dies fachmännisch geschah. Ebenso lässt sich die Todesursache nicht mehr feststellen, auch die Hautfarbe des Kindes ist laut Polizeisprecher Jürgen Lützen nicht mehr zu erkennen.

Hannelore Zischewski ist in den vergangenen Tagen mehrfach mit ihrem Hund "Franko" an dem Beutel vorbeigekommen. Daran, dass sie eine Babyleiche gesehen hatte, hat sie nicht im Entferntesten gedacht. "Hätte ich mal genauer hingesehen, dann hätte man bestimmt mehr über die Todesursache herausgefunden", sagt die 79-Jährige. Ihren Hund musste sie sogar wegziehen, da er sich sehr für den Inhalt interessierte. "Und ich habe noch gedacht, da hätte womöglich jemand einen Giftköder ausgelegt."

Anwohner reagieren fassungslos

Ebenfalls fassungslos reagierten gestern viele andere Passanten und Anwohner, die von dem schrecklichen Fund erfuhren. Viele bestätigten, einen Beutel im Wasser treiben oder an der Böschung liegen gesehen zu haben. "Wenn ich daran denke, bekomme ich Gänsehaut", sagt die 80-jährige Christa Neumann, und einer älteren Dame, deren Haus am nächsten am Fundort steht, ist ganz unheimlich zumute bei dem Gedanken daran, wie viele fremde Menschen täglich an ihrem Zuhause vorbeigehen. "Man denkt immer, so etwas passiert nur woanders. Jetzt ist es vor der Haustür geschehen", sagt eine andere Anwohnerin.

Da es keine offiziellen Statistiken zu Zahlen von getöteten Neugeborenen (Neonatizide) gibt, hat sich die Kinderschutzorganisation Terre des hommes es sich zur Aufgabe gemacht, die Fälle zusammenzutragen. 2012 wurden nach deren Angaben bundesweit 27 tote Kinder gefunden, zehn Babys wurden ausgesetzt und lebend gefunden.

Anfang März dieses Jahres war in dem Krefelder Waldstück Südpark ebenfalls die Leiche eines Babys entdeckt worden. Die Obduktion ergab, dass das Kind nach der Geburt lebensfähig war und dann erstickt wurde. Die Mutter ist auch ein halbes Jahr nach der Entdeckung des Leichnams noch nicht identifiziert. Die Krefelder Beamten baten mehr als 600 Frauen aus dem Stadtteil Tackheide zu einem Massengentest, dann brachen sie ihn ab, weil die Verhältnismäßigkeit nicht stimmte: Allein in Krefeld leben 70 543 Frauen der Altersgruppe zwischen 14 und 50 Jahren - und die Frau könne auch in einer anderen Stadt leben und das Baby dort abgelegt haben. Die Ermittler stellten ihren Fall sogar in der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY" vor. Es gab zwar einige Hinweise, der richtige war nicht darunter. Ende August hat die Polizei bestätigt, dass sie eine Isotopen-Analyse in Auftrag gegeben habe. Diese Methode ermögliche einen geografischen Fingerabdruck. So solle festgestellt werden, aus welchem Land die Mutter des Babys kommt. Das kleine Mädchen wurde unter großer Anteilnahme auf dem Krefelder Hauptfriedhof beigesetzt. Der evangelische Pfarrer Michael Hack hatte es zuvor auf "Silvia" (lat. Silva = der Wald) getauft. So hat es zumindest einen Namen bekommen.

(RP)
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