Stadt Willich Schüler sind dem Lärm auf der Spur

Stadt Willich · Das "Rollende Klassenzimmer" der nordrhein-westfälischen Natur- und Umweltschutz-Akademie war mit Schülern des Lise-Meitner-Gymnasiums in der freien Natur unterwegs.

 Julian Smets und Oliver Kuypers messen den Lärm, den ein Auto beim Vorbeifahren macht.

Julian Smets und Oliver Kuypers messen den Lärm, den ein Auto beim Vorbeifahren macht.

Foto: Wolfgang Kaiser

Jill Blankenstein ist mit ihrer orangefarbenen Warnweste die Sicherheitsbeauftragte, Anna Wäbling nimmt sich das Schallmessgerät, und Lea Gronwald bekommt den Lageplan, markiert wenig später die genauen Standorte, protokolliert die jeweiligen Messergebnisse. Die drei Schüler, 14 beziehungsweise 15 Jahre alt, sind ein Team von vieren, die an der Cloerbruchallee am Rand von Neersen als Lärmermittler unterwegs sind. Lehrer Claus Thome hatte seinen Bio- und Chemiekurs vom Anrather Lise-Meitner-Gymnasium mal draußen in der freien und nicht immer leisen Natur arbeiten lassen.

Das "Rollende Klassenzimmer" mit Ottmar Hartwig (59) von der nordrhein-westfälischen Natur- und Umweltschutz-Akademie steht direkt an der Niers. Hartwig, der selbst früher einmal in einem Gymnasium Biologie und Erdkunde unterrichtete, steuert seit mittlerweile 23 Jahren einen der beiden Umweltbusse "Lumbricus". Diesmal geht es nicht um den Gewässer-, sondern um den Lärmschutz. In einem Gebiet, umgeben von Autobahnen (52 und 44), einer stark befahrenen Ortsdurchfahrt (Hauptstraße) und von Starts und Landungen vom und auf dem direkt benachbarten Mönchengladbacher Flughafen.

"Geht in verschiedene Richtungen und messt so alle 10 Meter", gibt Hartwig den Schülern mit auf den Weg. Etwa eine Stunde später kommen die ersten Teams zurück. "Uns kam der Lärm von den Autos auf der Hauptstraße viel stärker vor als der auf der Autobahnbrücke", sagt Lea. Das Team hatte Höchstwerte bis zu 77,5 Dezibel gemessen. Zum Vergleich: Bei leiser Musik sind es etwa 40, beim normalen Gespräch 60, beim Rasenmäher 70, beim Ghettoblaster schon einmal über 100 Dezibel. Ein anderes Team mit Protokollführerin Luise Pannekes ist bis zur Donker Straße gegangen und hat mittlere Werte von 42 bis 77 Dezibel registriert. Auch zwei Jungs, Oliver Kuypers und Julian Smets, machen mit.

Hinterher erfolgt die erste Auswertung, die in den kommenden Kursstunden noch genauer analysiert wird. Der praktische Unterricht ist aber noch lange nicht zu Ende. Einer der Schüler hat seinen MP3-Player mit den Kopfhörern dabei. Auch hier sind die Werte über 50 Dezibel. Ottmar Hartwig warnt davor, sich zu lange am Tag derart beschallen zu lassen. Schon der halbstündige Besuch einer Disco, in der Musik von normal etwa 90 Dezibel gespielt wird, könnte zu ersten Schädigungen führen. Gelegentlicher Disco-Besuch führe noch nicht zu chronischen Erkrankungen und Hörverlusten, dies könne aber für "Dauerkunden" oder Kellnerinnen in solchen Tanzlokalen schwerwiegende Folgen haben. Hartwig: "Walkman, Disco und Rockkonzerte haben oft die gleichen Auswirkungen wie die Arbeit am Presslufthammer."

Die jungen Menschen hören aufmerksam zu. Der Experte gibt auch Erkenntnisse der Bundesärztekammer weiter, wonach diese festgestellt habe, dass durch zu laute Musik etwa ein Drittel der heute 15-Jährigen im Alter von etwa 50 Jahren ein Hörgerät braucht.

Die Jugendlichen erfahren ferner etwas über aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen. Aktive Maßnahmen sind zum Beispiel Lärmschutzwände oder lärmmindernde Straßenbeläge, passive Maßnahmen Lärmschutzfenster oder gedämmte Außenwände und Dächer. Ein kleines Quiz wird noch durchgeführt. Die Sieger erhalten Ohrstöpsel. Und Ottmar Hartwig sagt an Biolehrer Claus Thome gewandt noch: "Die Stöpsel empfehle ich auch den Lehrern, vor allem beim Sportunterricht."

(wsc)
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