Stadt Willich Spanisches Temperament und Wiener Charme

Stadt Willich · "Caramba" hieß das erste Stück des Neujahrskonzerts des städtischen Kulturpogramms mit dem Düsseldorfer Salonorchester "Tea-Time". Und damit war der Charakter der Matinee im Schloss Neersen gleich mehrfach vorgegeben. Einmal, weil es vom Anfang bis zum Schluss furios zur Sache ging, dann weil der erste Teil spanischen Klängen gewidmet war. "Spanisches Temperament trifft Wiener Charme", lautete das Motto des Konzerts. Und da "Caramba" auch Donnerwetter heißt, passte der Titel auch noch zum letzten Stück. Das stammte von Johann Strauß und gehörte somit eindeutig in die Abteilung Wienerisches. Aber es hieß "Unter Donner und Blitz", womit der Zusammenhang zu "Caramba" wieder eindeutig hergestellt war.

Weil im vergangenen Jahr das Neujahrskonzert von "Tea-Time" im Nu ausverkauft war, wurden diesmal gleich zwei Konzerte an einem Tag angeboten. Und auch da hielt das Kartenangebot nicht lange vor, schnell waren beide Konzerte ausverkauft. Im Rheinland, scherzte Martin Fratz, der Pianist des Ensembles, bedeutet zweimal schon eine Tradition. Und weil das Publikum erneut so begeistert war wie im letzten Jahr, wird es im nächsten Jahr wohl wieder zu einem Tea-Time-Neujahrskonzert kommen. Dann, meinte Fratz verschmitzt, "kommen wir schon als Veteranen".

Ob nun Émile Waldteufels Walzer "Espana" oder Pascual Marquinas Paso doble "Espana cani" erklangen: Es brauchte einem gar nichts spanisch vorzukommen, weil alles ganz akkurat musiziert wurde. Egal, wie schwer die Stimmen waren: alles wurde mit wunderbarer Leichtigkeit vorgetragen, auch der Humor kam nicht zu kurz. Und die Musiker achteten auf die Feinheiten wie die Abstufungen der Lautstärke.

Herrliche Solo-Einlagen waren zu hören. Pascal Théry, versierter Stehgeiger und gewieftes Show-Talent in einer Person, glänzte mit solistischen Einlagen, bei denen er flotte Rhythmen mit einer kleinen Beigabe Schmalz köstlich in Verbindung brachte. Für den Terzen-Wohlklang sorgte die Obligat-Geigerin Ildiko Antalffy, mit Michael Flock-Reisinger war der richtige Mann für die Cello-Kantilenen gekommen. Martin Fratz am Klavier sorgte nicht nur zusammen mit Francesco Savignano am Kontrabass für den rhythmischen und harmonischen Zusammenhalt, sondern überzeugte auch noch in der Handhabung von Kastagnetten. Für klangliche Bereicherung sorgten die beiden Bläser-Gäste Ulrike Siebler (Flöte) und Wolfgang Esch (Klarinette). In der Folge des Ausgleichs zwischen Österreich und Ungarn entstand im Wien der 1870er Jahre ein derartiger Bau-Boom, dass sich die Einwohner besorgt fragten, was vom geliebten Wien denn noch übrig bliebe. "Wien bleibt Wien" war die Antwort, die Johann Schrammel in Töne fasste. Wie Wiener Musik zu klingen hat, wurde von den Tea-Timern mustergültig demonstriert. Dreimal stand Johann Strauß auf dem Programm. Fabelhaft, wie da über nichts hinweggespielt wurde, sondern, wie im Walzer "Wiener Blut", die Tempi erst allmählich durch sensibles "Einschleifen" entwickelt wurden.

Begeisterter Beifall und mit der Tritsch-Tratsch-Polka und dem Radetzky-Marsch zwei Zugaben von Johann Strauß Sohn und Vater.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort