Stadt Willich Von der Leichtigkeit des Papiers

Stadt Willich · Im privaten Kulturforum in Neersen wird am Sonntag eine Ausstellung mit Papierarbeiten der Stuttgarter Künstlerin Barbara Lörz eröffnet. In einigen Arbeiten nimmt sie die Form der Flüchtlingsboote mit auf.

 Die Papierkünstlerin Barbara Lörz hat bisher vorwiegend in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Thüringen ausgestellt.

Die Papierkünstlerin Barbara Lörz hat bisher vorwiegend in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Thüringen ausgestellt.

Foto: W. KAISER

Vor 20 Jahren entdeckte Barbara Lörz Papier als Werkstoff für künstlerisches Arbeiten. Handgeschöpft, in Schnipseln, als Fundstücke, sogar verarbeitet zu Teebeuteln gewinnt es in ihren Objekten eine Eigendynamik. Ab morgen, 8. November, zeigt die Künstlerin im Kulturforum an der Pappelallee 15 in Neersen eine Auswahl.

Lörz faltet, reißt, schöpft, schichtet, ballt zusammen, verleimt, übermalt. Ihre Objekte zeigen immer auch die Spuren des Wachsens. Und so sucht der Blick Wege, um einzudringen in das Gegenspiel von äußerer Form und Binnenstrukturen. "Leichtigkeit des Papiers" ist die Schau überschrieben. Tatsächlich wirkt keines der Objekte schwer an Gewicht, doch ein Jedes in sich komplex. In den Arbeiten bleibt immer Raum für etwas Luftiges, auch wenn das Papier extrem verdichtet ist. Doch die Leichtigkeit des Papiers erlaubt die stets präsente Anmutung von Bewegung.

Titel wie "Schichtung", "Blätterteppich" und "Rosenstück" verweisen auf die Natur als Impulsgeber, ohne dass die Künstlerin aus dem Raum Stuttgart jemals realistisch abbilden würde. Doch in Wald und Gebirge oder einfach unter gefallenem Laub entdeckt sie Strukturen und Schichtungen, die sie reflektiert. Oft steht am Anfang einer Arbeit der experimentelle Umgang mit Materialeigenschaften, wenn etwa beim handgepressten Papier ungewöhnliche Zugaben wie Spargelschalen einbezogen werden. Für die Wandobjekte greift sie auf klassische Bildformate zurück wie auch auffallend oft auf ein langgezogenes Oval oder die Form eines Bootes.

Gefärbtes und belassenes Papier ist etwa wie Schiefergestein von unten nach oben geschichtet. In anderen Arbeiten ist die Schichtung zum Vordergrund hin zur Masse verdichtet, wirken Schnipsel wie ausfransende Bewegungen. Dabei ist immer ein Werden und Vergehen, der ewige Kreislauf des Lebendigen. assoziiert. "Netzwerk" heißt eine Arbeit, die an der Oberfläche mit dünnen Papierstreifen abschließt. Diese geben partiell den Blick frei auf die darunter liegenden Papiere. Die Endstücke von Toilettenpapierrollen hat die Künstlerin in losen Reihungen zum "Schwarm" verwandelt. Sie schließt die Arbeiten mit Wachs ab, damit ihnen Feuchtigkeit nichts anhaben kann. "Papier und Haut haben eine enge Verbindung. Wenn Papier nicht gut behandelt wird, vergilbt es, wird faltig und schrundig wie die Haut auch", sagt die Künstlerin nachdenklich. So sind denn auch die Papiere in ihren Arbeiten oft wie Häute aneinandergelegt. Zuweilen umwickelt sie, bindet fest - einmal ein kleines Buch, in anderen Fällen aufgerollte Elemente. "Das sind für mich Schriftrollen, wo ich geheime Wünsche verstecke", sagt sie mit feinem Lächeln.

Die auffallend vielen Arbeiten in Bootsform, deren Binnenstrukturen kleine Boote ergeben, haben mit der Flüchtlingskrise und der Flucht über das Meer zu tun. Während das verwandte Papier zuweilen Zeilen einer früheren Verwendung freigibt, sagt sie: "Was geschieht, wenn man nichts mehr darf, nicht schreiben kann, was man will. Dann muss man gehen."

(anw)
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