Serie Mein Arbeitsplatz Bäcker Zu Nikolaus ist der Stress am größten

Willich · Christian Debecker arbeitet, wenn andere schlafen. Der Kempener ist nämlich Bäcker.

 Christian Debecker muss früh aufstehen, aber daran hat er sich längst gewöhnt.

Christian Debecker muss früh aufstehen, aber daran hat er sich längst gewöhnt.

Foto: wolfgang kaiser

kempen Wenn andere die Fernbedienung aus der Hand legen, weil der Film gegen 22 Uhr ein Ende gefunden hat und es so langsam in Richtung Nachtruhe geht, dann steigt Christian Debecker in seine weiße Arbeitskleidung. Abends fernsehen ist bei dem Kempener höchst selten angesagt, denn einen Krimi oder Film bis 21.45 Uhr kann er eh nicht zu Ende sehen. "Um 21.30 Uhr sitze ich im Auto und dann geht es von Kempen nach Wachtendonk in die Backstube Oomen. Das Schöne ist, um die Zeit sind die Straßen herrlich leer", bemerkt der 27-Jährige mit einem Schmunzeln.

Debecker ist nämlich Bäcker und damit die Kunden in den Filialen von Oomen am frühen Morgen ofenfrische Brötchen und Brot genießen können, beginnt sein Arbeitstag am Abend. "Zu meiner Zeit sind wir Bäcker gegen 4 Uhr morgens gestartet, aber das hat sich im Laufe der Jahre aufgrund des Kaufverhaltens der Kunden geändert", berichtet Manfred Oomen. Die Kunden wünschen am frühen Morgen nämlich schon die gesamte Verkaufspalette und das heißt wiederum für die Bäcker Nachtschicht von 22 Uhr bis 6 Uhr.

Am Anfang seines Berufslebens als Geselle sei dies schon etwas gewöhnungsbedürftig gewesen, gibt Debecker ehrlich zu. Aber die Gewöhnungsschwierigkeiten liegen lange zurück. Immerhin ist der junge Mann schon seit zwölf Jahren in seinem Beruf tätig und hat seinen Rhythmus gefunden. Selbst die Umstellung an seinen freien Tagen verläuft reibungslos. Dass er einmal Bäcker werden wollte, war Debecker schon in jungen Jahren klar. Zusammen mit der Oma ging es immer ins Cafe Oomen in Geldern. Das hat ihn fürs Leben geprägt. "Die Cafebesuche mit Oma waren ein Highlight für mich. Der Geruch der frisch gebackenen Brötchen im Cafe, es war herrlich. Da ist mein Berufswunsch entstanden", erzählt Debecker. Einen Bürojob hat er sich nie vorstellen können. Zu eintönig, lautet sein Kommentar.

Das Bäckerhandwerk mit seinen abwechslungsreichen Tätigkeiten, das einen jeden Tag aufs neue fordert, das war sein Ziel. Wobei den Kempener bei Oomen begeistert, dass es ein Familienunternehmen ist und hier trotz aller Modernisierung noch viel Handarbeit angesagt ist. Zwar kneten Maschinen die Teige und auch das Schleppen von 50- Kilogramm-Säcken, wie es einst für einen Bäcker üblich war, gehört der Vergangenheit an. Heute werden die großen Kessel per Silo mit den verschiedenen Mehlsorten befüllt und erhalten am Wasser- und Dosiermischgerät ihre Flüssigkeit. Aber danach ist wieder Handarbeit angesagt. "Wir wiegen die Brote per Hand ab und machen sie auf, wie das Formen genannt wird", erklärt Debecker, der gerade dabei ist, ein Blech mit Brötchenrohlingen in den 230 Grad warmen Ofen zu schießen, wie der Fachbegriff lautet.

Nur eine einzige Sorte Brötchen wird per Maschine geformt, alles andere geht durch die Hände der Bäcker. "Es ist viel Fingerspitzengefühl gefragt, wenn wir die Teige ansetzen", verrät der 27-Jährige. Je nach Wetterlage, das heißt entsprechend der vorherrschenden Temperaturen, müssen Teige nämlich mit wärmeren oder kälteren Wasser angesetzt werden und auch unterschiedlich gehen, damit das Ergebnis stimmig ist. Da kann es auch vorkommen, dass Teige mal in Crashice ruhen müssen. "Der stressigste Tag ist immer der Nikolaustag. Da machen wir Tausende von Weckmännern und alle müssen pünktlich ausgeliefert werden", erzählt Debecker. Beim Stichwort Weckmänner muss er direkt schmunzeln. Vor zwei Jahren, als das Wetter im Sommer verrückt spielte, schloss sich Oomen an. "Da haben wir für 14 Tage mitten im Sommer Weckmänner gebacken. Das war ein Spaß", meint Debecker, der auch mal gerne einen Weckmann isst, aber dessen Lieblingsbrot selber das Gute Oomen ist. Ein altdeutsches Brot mit einem schönen kräftigen Geschmack, wie es der Bäcker beschreibt. Seine Frau Doris hat übrigens überhaupt kein Problem mit den Arbeitszeiten ihres Mannes. Sie hat nämlich die gleichen, da sie auch Bäckerin in der Backstube von Oomen ist.

(RP)
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