Wülfrath Absturz oder Aufwärtstrend? Wülfrath steht am Scheideweg

Wülfrath · Die Rheinkalk-Zentrale wackelt, Kultureinrichtungen stehen vor dem Aus, die Innenstadt lebt wieder auf.

 Wer wird als Bürgermeister nach dem 25. Mai die Kalkstadt managen? Das Stadtoberhaupt muss mit dem Rat Weichenstellungen vornehmen.

Wer wird als Bürgermeister nach dem 25. Mai die Kalkstadt managen? Das Stadtoberhaupt muss mit dem Rat Weichenstellungen vornehmen.

Foto: dj

Gruppenbild mit Dame? Eher Dame mit Beiwerk könnte man konstatieren, wenn man das Bewerbungstrio für das Bürgermeisteramt in Wülfrath beschreiben möchte. Amtsinhaberin Claudia Panke stilisiert sich als Macherin der 21000-Einwohnerstadt, die beiden Mitbewerber Axel. C. Welp (SPD) und Jörn Leunert Grüne) müssen von der Reservebank kommend hoffen, dass der Wähler lieber sie als die 45-Jährige auf der Spielmacherposition 10 sehen wollen. Welp ist erfahren, Planungsfachmann und in der Stadt bekannt wie ein bunter Hund. Leunert ist 2012 erst zugezogen, will aber von der Außenbahn zur Nummer Eins aufsteigen. Doch egal, wer nach dem 25. Mai die nächsten Jahre die Geschicke der Stadt leiten wird: Er handelt eine Stadt im Umbruch, eine Stadt, die zwischen Absturz und Aufschwung laviert und die eine dringend benötigte Führung benötigt. Diesen Kompass verlangt die Kalkstadt auf vielen Gebieten.

 Claudia Panke

Claudia Panke

Foto: dj

Drei Haushaltssicherungskonzepte hat die Politik durchgestanden und die Stadt hin auf einen Haushalt 2014 getrimmt, der 60 000 Euro Überschuss bringen soll. Eisernes Sparen, hohe Kita-Gebühren und Hebesätze, Personalsperren in der Verwaltung, dazu Kultureinrichtungen, die derzeit nicht mehr als um ihr nacktes Überleben kämpfen. Zeittunnel-Aus, Sicherung der WüRG-Musik, das Fortbestehen des Niederbergischen Museums, vieles davon soll in einem neuen Kulturzentrum am Zeittunnel gebündelt werden. VHS, Medien Welt, Weiterbildungeinrichtungen sollen in einem neuen Bildungszentrum in der Ex-Hauptschule miteinander kooperieren. Für beide Ziele sind umfangreiche Umstrukturierungen erforderlich. Alle Lösungen verlangen aber auch neue Finanzierungsquellen bei Land, Kreis und Sponsoring. Die neue Stadtspitze wird das angehen müssen. Schnell und vor allem mit deutlicher Entscheidungskraft auch gegenüber dem Rat. Der badet sich gerade in der Gewissheit eines ausgeglichenen Haushalts. Doch der ist fragil. Für 2015 rechnen viele wieder mit einem Minus-Etat. Da wollte vor allem die Wülfrather Gruppe in 2014 schnell mal das machen, was in Zukunft aus Geldmangel vielleicht nicht mehr geht: den 500 000-Euro-Umbau des Sportzentrums Erbacher Berg. Das verhinderten SPD (offiziell) und CDU (inoffiziell). Das Erbe dieser Diskussion ist ein Aufschrei in der Kulturlandschaft. Die alte Stadthalle gibt es nicht mehr, viele Vereine vermissen einen Auftrittsort. Große Konzerte der Wülfrather Musikvereine finden nur noch in Velbert statt. Und wo die Vereine kaum noch Zuschüsse bekommen und sparen müssen, wollte man für den Sport so tief in die Tasche greifen. Unverständnis ist eine noch höfliche Umschreibung der Diskussionslage.

Einig sind sich Parteien, Verwaltung und Kaufleute über die gelungene Umgestaltung der Innenstadt mit Anger-Markt, Goethestraße und Am Diek. Abseits der Nebengeräusche, wo jetzt genau wie viele Zebrastreifen hinkommen sollen, gilt das Areal als ein großer Wurf in einer kleinen Stadt. Doch es müsse weitergehen, mahnen viele an. Die neue Stadtspitze wird die Einigkeit mitnehmen müssen auf die nächsten Schritte: Weiterentwicklung der Wilhelmstraße in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel am Ware-Platz. Hier gilt es das Erbe des Innenstadtkonzepts weiterzuschreiben.

Das bedarf einer großen Moderationstätigkeit, die der oder die erste Bürger(in) der Stadt leisten muss. An seiner (ihrer) Seite gibt es zwar Korsettstangen der Verwaltung wie Kämmerer Reiner Ritsche und Wirtschaftsförderer Karsten Niemann. Doch eine kontinuierliche Personalentwicklung, die die guten Kräfte im Haus langfristig sichert und aufbaut, hat auch Panke nicht geschafft. Dabei kommt sie aus dem Bereich des Personalmanagements der Deutschen Bahn.

Einige gute Mitarbeiter sind gegangen. Juan Carlos Pulido als Geschäftsführer der GWG ist einer, der in der Stadt mehr planen wollte als nur zu sanieren. Hier braucht die Stadt einen starken Partner für die wohnungspolitische und planerische Gestaltung eines zukünftigen Wülfrath. Die mögliche Bebauung am Sportplatz Düssel, auf dem Gelände der ehemaligen Grundschule Rohdenhaus sollen ebenfalls neue Wohnquartiere entstehen: Es gilt hier, die Stadt neben dem Managen künftig auch grundsätzlich zu planen.

Und da es an Flächen mangelt, ist man schnell bei Rheinkalk. Das Unternehmen wird sich in den nächsten Jahren europäisieren, der Standort in Wülfrath wird wohl nur noch produktionstechnisch die Bedeutung haben wie in der Vergangenheit. Die Flächen Rheinkalks benötigt die Stadt aber künftig.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort