Wülfrath Behinderte: Im Kreis zu wenig Anerkennung

Wülfrath · Peter Schiestel kämpft im Kreis Mettmann für die Rechte der Schwerbehinderten. Er kritisiert, dass oft Widerspruch beim Kreis eingelegt werden muss. Viele Firmen zahlen lieber Ausgleichsabgabe.

 Peter und Bärbel Schiestel beraten Schwerbehinderte zu ihren Rechten. Unternehmen zum Beispiel müssen Quoten erfüllen - oder Geld zahlen.

Peter und Bärbel Schiestel beraten Schwerbehinderte zu ihren Rechten. Unternehmen zum Beispiel müssen Quoten erfüllen - oder Geld zahlen.

Foto: dj

In doppelter Funktion ist Peter Schiestel ehrenamtlich als Schwerbehindetenbeauftragter tätig: Als Schwerbehindertenbeauftragter des Landes Nordrhein-Westfalen ist er für Fragen der Barrierefreiheit zuständig. In den Räumen der Geschäftsstelle der Wülfrather Gruppe in der Fußgängerzone berät er über Themen des Schwerbehindertenrechts und unterstützt die Behinderten bei der Antragstellung zur Anerkennung als Schwerbehinderter.

"Mittlerweile kommen meine Klienten fast aus dem ganzen Kreisgebiet und sogar aus Düsseldorf", sagt Schiestel. Der Rentner war früher Mitarbeiter der Stadt Wülfrath und bei der Stadtverwaltung viele Jahre Behindertenbeauftragter. Er macht deutlich, dass seine Sprechstunden gut besucht sind, weil viele Menschen eine Menge Fragen zum Behindertenrecht haben. "Gerade ältere Menschen tun sich schwer bei der Ausfüllung eines Antrags für das Versorgungsamt des Kreises Mettmann. Das übernehme ich für sie und die Antragsteller sind mir sehr dankbar dafür."

Schiestel kümmert sich aber nicht nur um die korrekte Ausfüllung des Antrages, sondern begleitet die Antragsteller im Anerkennungsverfahren. "Ich habe eine hohe Erfolgsquote vorzuweisen", sagt er sichtlich stolz. Er hat die Erfahrung gemacht, dass viele Anträge auf Anerkennung als Schwerbehinderter vom Versorgungsamt im Kreis Mettmannn zumeist nach Aktenlage entschieden und oft abschlägig beschieden werden. "In diesem Fall rate ich zumeist in das so genannte Widerspruchsverfahren zu gehen und über diesen Weg eine Anerkennung zu erreichen. Ich formuliere dann fristwahrend für die Ratsuchenden das entsprechende Schreiben an die Widerspruchstelle."

Mit dem Widerspruch beginne im Sozialrecht das so genannte Vorverfahren. Er macht deutlich, dass ein Widerspruch oft gute Aussichten auf einen Erfolg bietet. Sollte aber der Widerspruch abgelehnt werden, sei als nächster Weg die Klage vor dem Sozialgericht möglich. "Ist die Klage begründet, ist die Anerkennungsquote bei dem Sozialgericht sehr hoch", berichtet er.. Da vor dem Sozialgericht kein Anwaltszwang besteht, übernehme er zumeist die rechtliche Vertretung des Klägers.

Der im Schwerbehindertenrecht über gute Kenntnisse verfügende Schiestel macht aber deutlich, dass er nur dann zum Klageweg rät, wenn begründete Aussicht auf Erfolg besteht. "Klagen um des Klagen willens, kommt für mich nicht infrage."

Da immer mehr Ratsuchende zu Schiestel in die Sprechstunde kommen, kann er das Arbeitsvolumen kaum noch allein bewältigen. Seine Frau Bärbel, selbst Behindertenbeauftragte bei der Berufsgenossenschaft Bau, unterstützt ihn. Beide machen deutlich, dass mit der Anerkennung als Schwerbehinderter Nachteile ausgeglichen werden. "Ich betone Nachteile ausgeglichen werden. Leider wird bei der Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft oft vom Erreichen von Vorteilen gesprochen. Das ist aber falsch", so Peter Schiestel.

Beim Vorliegen einer 50-prozentigen Behinderung erhält der Arbeitnehmer fünf Tage mehr Urlaub im Jahr, er kann die Behinderung steuermindernd geltend machen und die vorgezogene Altersrente ohne Abschläge beziehen. Bärbel Schiestel weist darauf hin, dass die Arbeitgeber fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze für Scherbehinderte freihalten müssen. Erfüllen sie diese Quote nicht, sei eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. "Diese kommt indirekt den Schwerbehinderten zugute, da aus dem Aufkommen der Ausgleichsabgabe behindertengerechte Arbeitsplätze bezuschusst werden."

Schiestel ergänzt, dass Großunternehmen sowie öffentliche Behörden zumeist die Schwerbehindertenquote erfüllen würden. Dagegen zahlen mittelständische Unternehmen und das Handwerk oft lieber die Ausgleichsabgabe.

(klm)
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