Wülfrath Eine Adventskammer voll mit vielen Überraschungen

Wülfrath · Zum 22sten Male öffneten sich die Pforten der Stadtkirche zur ausverkauften Adventskammer. Die Veranstaltung ist vielen Kalkstädtern in Fleisch und Blut übergegangen und zeigt sich bis zur Perfektion hin organisiert. Die Glücklichen, die eine der Eintrittskarten ihr Eigen nennen dürfen, werden von einem Begrüßungskomitee persönlich zum Platz geleitet.

 Die Adventskammer stand unter dem Motto "A celtig Carol".

Die Adventskammer stand unter dem Motto "A celtig Carol".

Foto: Dietrich Janicki

Dort angekommen bietet sich ein doppeltes Glück; zum einen freut es, der Frische des Marktplatzes entronnen zu sein, zum anderen ist da die vorfreudige Gewissheit, dass nun alles zu einem feierlichen Abend bereitet ist. Kantor Thomas Gerhold hatte dieses Konzert ins Zeichen der keltischen Kultur gestellt. Da passte es wie gerufen, dass es vor Ort mit der Band Luzifer hochklassige Irish-Folk-Expertise gibt, die Gerhold gerne mit ins Boot holte. In gälischen Gefilden ist Musik so eng mit dem Alltagsleben verknüpft, dass man bei Bedarf einen Blechflötenspieler und einen Bodhran-Trommler auch noch spontan von der Straße hineinbitten könnte. Gerhold war gelungen, mit Benjamin Nerstheimer und Thorsten Ditz auch im Niederbergischen diese beiden für Keltenklänge unerlässlichen Instrumente präsent sein zu lassen.

Ein Blick ins Programmheft ließ nur die zum Gesamtgelingen schlicht dazugehörende Dorothea Walda vermissen. Die Rezitationen und prosaischen Weisheiten trug an ihrer Stelle erneut Michael Anhut vor. Für ein unmittelbares Eintauchen ins Keltentum sorgten Luzifer und ihre erwähnten Begleiter mit einer sehnsüchtigen Overtüre des irischen Nationalkomponisten Turlough O'Carolan. Zwar vor einer gigantischen grün-weiss-orangenen Fahne in Szene, aber durch die Kirchensäulen verdeckt, hätte man diesen selten zu sehenden Instrumenten bloß eine bessere Sichtbarkeit gewünscht. Das die oft romanisch verklärten Kelten auch martialische Ausdrucksformen finden, zeigte sich im zeitgenössische Stück "Celebrate" des Walisers Karl Jenkins. Solche Strenge unterstrich Anhut mit der Lesung der brachial realistischen Kurzgeschichte "Maria" von Bertolt Brecht. Danach fühlte sich das harmonische "Der Weg nach Bethlehem" aus der "Celtic Mass" von Scott Macmillan aus Kanada, einem ebenfalls bedeutenden Land des Keltentums, wie eine tröstende Beschwichtigung an. Die Streicher des Kammerorchesters Essen konnten hier ihre Wirkungsmacht entfalten. Den Schluss markierte die Kantorei Wülfrath mit einem emotionalen Ausbruch. Im Text wird die Ankunftsstimmung der Adventszeit mit dem Anklopfen an eine Tür verglichen.

Eindrucksvoll demonstrierten die Choristen das Pochen mit einem kräftigen und kirchenerschütternden Aufstampfen ihrer Füße. Der Überraschungen nicht müde, stieg Gerhold aufs Podest und verriet, dass Frau Walda sich unter das Publikum gemischt hatte. Aus Dankbarkeit - für die Teilnahme musste sie ihren Krankenhausaufenthalt unterbrechen - bekam sie Blumen überreicht. Das noch schönere Geschenk machte ihr Gerhold, indem er selbst als Solist zum "Transeamus usque Bethlehem" anhob, jenem Lied, das Walda aus Schlesien mit nach Wülfrath gebracht hat.

(lard)
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