Wülfrath Einzelhandel braucht ein neues Konzept

Wülfrath · Seit acht Jahren regelt das Einzelhandelskonzept, wer sich wo mit welchem Sortiment in der Stadt ansiedeln darf. Wirtschaftsförderer Karsten Niemann räumt ein, dass es aktualisiert werden muss.

Vor acht Jahren galt es als großer Entwurf in Sachen Innenstadtmarketing: Auf 130 Seiten ist seither nachzulesen, wer sich mit welchem Sortiment wo ansiedeln darf. So ganz freiwillig war die Sache damals nicht: Die Landesregierung hatte Einzelhandels- und Zentrenkonzepte und deren kommunalpolitische Umsetzung zur Pflicht erhoben. Die Innenstädte sollten gestärkt und die Abwanderung der Kundschaft auf die "grüne Wiese" verhindert werden. "Das ist kein weiteres Konzept, das in der Schublade verschwinden soll", stellte die damalige Planungsamtsleiterin Christiane Singh klar.

Nun mag es in der Natur der Dinge liegen, dass eben jenes Konzept in der Vergangenheit vor allem dort von sich Reden gemacht hat, wo es galt, die Ansiedlung zentrenrelevanter Sortimente an dafür unzulässigen Standorten zu verhindern. Die Aldi-Ansiedlung auf dem Gelände von Ford Thiel? Fehlanzeige! Passt nicht ins Konzept. Auch die Verhandlungen zu möglichen Folgenutzungen des ehemaligen Praktiker-Baumarktes ziehen sich hin. Ein geplanter Toom-Baumarkt zog sich ebenfalls lange hin. Schließlich machte der Konzern einen Rückzieher. Seitdem liegt das Gelände brach. Die Vorstellungen des Investors Uwe Clees sind nur in Teilen kompatibel mit den Vorgaben des Einzelhandelskonzeptes. Das Ergebnis: jahrelanger Leerstand ohne Perspektive. Mittlerweile ist es das Ziel, eventuell eine Art Gewerbezentrum mit Hundefutter-Geschäft, Getränkemarkt und andere Dienstleistungen dort zu etablieren.

Dass sich das Zentrenkonzept bei manchem Investor einen eher zweifelhaften Ruf als "Ansiedlungsverhinderungskonzept" gemacht hat, steht aus Sicht von Karsten Niemann jedoch nicht im Widerspruch zu dem, was politisch gewollt ist. "Die Frage ist doch: Welchen Mehrwert haben wir, wenn Brachflächen anders genutzt werden?", plädiert der städtische Wirtschaftsförderer nach wie vor dafür, den innerstädtischen Einzelhandel nicht aus den Augen zu verlieren. Den Einwand, Kunden würden mit den Füßen abstimmen und sich kaum von Konzepten zum politisch gewollten Einkaufsverhalten drängen lassen, kommentiert er: "Das könnte in letzter Konsequenz bedeuten, dass man auf die Innenstadt verzichtet." Dennoch: Dass die Steuerung des Einkaufsverhaltens nicht immer so gelingt wie gewollt, zeigt die nach der Eröffnung des Angermarktes aufgekommene Enttäuschung etlicher Einzelhändler, die sich durch den neuen Frequenzbringer mehr Laufkundschaft in der City erhofft hatten. "Das hat so offensichtlich nicht funktioniert" räumt er ein.

Als Wirtschaftsförderer steht er im Spannungsfeld zwischen Investoren, die sich gern in den Außenbereichen niederlassen würden und den Einzelhändlern, die nicht mit Parkplätzen direkt vor der Tür und einem üppigen Sortiment locken können. "Der Einzelhandel ist ein empfindliches Ökosystem. Wir wären schlecht beraten, wenn wir allzu große Konkurrenz zur Innenstadt schaffen würden", glaubt Niemann. Allerdings räumt er ein, dass es sinnvoll wäre, das bestehende Einzelhandelskonzept zu überarbeiten. Möglicherweise gebe es Bereiche, in denen man die strikten Vorgaben lockern könne. "Dazu gehört aus meiner Sicht die Bahnhofsfläche", so der Wirtschaftsförderer. Innerhalb der Verwaltung seien bereits Überlegungen im Gange, das Zentrenkonzept überarbeiten zu wollen.

(RP)
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