Wülfrath Ganz Wülfrath kämpft gegen Kinderarmut

Wülfrath · Die Situation ist erschreckend: Nahezu jedes sechste Wülfrather Kind lebt unter der Armutsgrenze. 2014, dem Jahr der letzten Erhebung der Zahlen, betraf dies schon 545 Kinder der Kalkstadt. Inzwischen dürfte die Zahl sogar noch weiter gestiegen sein.

Es gilt, alle Beteiligten, die bereits umfängliche Hilfe leisten, noch stärker zu vernetzen und eine kommunale Gesamtstrategie zu entwickeln. "Kinderarmut in Wülfrath, das geht uns alle an!" - unter diesem Motto saßen vor einigen Wochen Kirchen, Vereine, Verbände, Politik, Kitas und Schulen bei der großen Auftaktveranstaltung am Tisch. Ergebnis: Eine trägerübergreifende Steuerungsgruppe hat sich gegründet - mit Dezernentin Berster, Michael Anhut, Diakon in St. Maximin, Wolfgang Peetz, Vorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes, sowie den beiden stellvertretenden Bürgermeistern Andreas Seidler und Wolfgang Preuß.

Die städtische Netzwerkkoordinatorin Gudula Kohn engagiert sich ebenfalls in der Steuerungsgruppe, die jetzt ein erstes konkretes Projekt angestoßen hat: Ein Brief mit einem Fragebogen an alle Akteure, die in Wülfrath im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind, um sich einen Überblick über die bereits laufenden Aktivitäten zu verschaffen. "Wir wollen eine systematische Erfassung von all dem, was bereits angeboten wird."

Dies ist jedenfalls erheblich, um Mädchen und Jungen, deren Kindheit keineswegs unbeschwert ist, unter die Arme zu greifen. Viele Maßnahmen sind schon ins Leben gerufen worden, Vereine, Verbände und viele andere haben sich längst auf den Weg gemacht. So ging das Schreiben der Steuerungsgruppe an immerhin mehr als 90 Akteure: von den Bürgervereinen Flandersbach und Düssel, den 1. FC sowie SV Rot-Weiß Wülfrath, den Kitas und Schulen bis hin zur Freiwilligen Feuerwehr. "Es geht nicht um Gleichmacherei, sondern um Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche aus finanzschwachen Familien, damit sie die Unterstützung bekommen, um nicht ausgegrenzt zu werden", betonten Dezernentin Berster und Wolfgang Peetz. Unter seiner Federführung begann 2005 das DRK-Projekt "Kinder in Not", das inzwischen bereits für 120 Mädchen und Jungen den Elternanteil von jeweils 20 Euro für das Schulmittagessen des Kindes übernimmt.

"Teilhabe ermöglichen, Ausgrenzung verhindern" - dies ist Programm, um die Kinder aus dem Teufelskreis herauszuholen. Bildung ist nach den Worten von Diakon Anhut ein Schlüssel dazu. Andreas Seidler sieht Handlungsbedarf: "Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer." Kinderarmut zeigt sich im Alltag. Etwa wenn Kinder kein Geburtstagsgeschenk für den Freund haben und deshalb beim nächsten Mal nicht mehr eingeladen werden, wenn sie morgens in die Kita mit Gummistiefeln kommen, die erkennbar nicht passen, wie Wolfgang Preuß schilderte.

(RP)
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