Wülfrath Immer mehr Zugvögel bleiben hier

Wülfrath · Viele Vögel überwintern in Wülfrath und der Region, anstatt wie gewohnt in wärmere Gefilde zu ziehen. Warum das so ist, weiß der Tönisheider Ornithologe Reinhard Vohwinkel.

 Langbeinig unterwegs: Diese Kraniche wurden in Haan fotografiert.

Langbeinig unterwegs: Diese Kraniche wurden in Haan fotografiert.

Foto: schakel

Vor beinahe 200 Jahren griff der Dichter Hoffmann von Fallersleben zur Feder, um seine Frühlingshymne "Alle Vögel sind schon da" anklingen zu lassen. Gesungen kennt sie wohl jedes Kind - aber so ganz stimmt sie nicht mehr. Wird darin doch noch erzählt, dass Amsel, Drossel, Fink und Star im Frühjahr aus ihren Winterquartieren zurückkommen, um uns mit ihrem Gesang zu erfreuen.

Jedoch berichten Vogelbeobachter schon seit langem: Viele Vögel sind gar nicht mehr weg über die Winterzeit. "Die Amsel ist vom Zugvogel zum Standvogel geworden", weiß Reinhart Vohwinkel. Der Ornithologe aus Tönisheide ist das ganze Jahr über unterwegs, um die Gefiederten zu beobachten. Im Buthan im Himalaya-Gebirge waren es Fasane, von ihm beringt und untersucht wurden. In Schweden hat er Zwerggänse mit einem Sender ausgestattet und er war auch schon in Panama, um dort Tukane zu fangen.

Derzeit behält er die heimische Vogelwelt im Blick und er weiß: Mit dem Klimawandel ist dort so manches durcheinander geraten. Schon seit Jahrzehnten hat sich das Zugverhalten verändert. Lapidar könnte man es so sagen: Fernreisen sind out, zumindest bei einigen Arten. "Die Mönchsgrasmücke überwintert in England oder an den norwegischen Küsten, anstatt nach Afrika weiter zu ziehen", weiß Reinhart Vohwinkel. Das gilt auch für Kraniche und viele andere Vogelarten. Die Zahl der "Dableiber" hat sich in den vergangenen Jahren erhöht, viele ziehen auch kürzere Strecken. Jenseits der sich wandelnden Zuggewohnheiten hat Reinhart Vohwinkel in diesem Jahr auch rings um Wülfrath eine eher traurige Beobachtung gemacht. "Durch den kalten Regen im Frühjahr ist die erste Brut der Mehlschwalben eingegangen", sagt er.

Dadurch habe sich die Nachbrut verzögert und als die Zeit für den Vogelzug gekommen sei, haben sich die Elternvögel auf die Reise gemacht und ihren Nachwuchs allein zurückgelassen. Einige der kleinen Mehlschwalben wurden dann in der Vogelauffangstation "Passmühle" in Hattingen versorgt, die Reinhart Vohwinkel mit seinem Fachwissen unterstützt.

Große Sorgen macht dem Ornithologen auch der zunehmende Einsatz aggressiver Herbizide wie beispielsweise Glyphosat zur Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft. "Es wird alles totgespritzt" beklagt er, dass sich seitens der Verantwortlichen niemand mehr Gedanken darum mache, welche Folgendas für die Vogelwelt und die Natur hat. "Es gibt immer weniger Grünstreifen und keine Sämereien auf den Feldern", weiß Reinhart Vohwinkel. Das führe dazu, dass Elternvögel während der Aufzucht ihrer Jungen herumfliegen und nicht mehr genug Futter finden, um sich und den Nachwuchs zu versorgen. Mit den Folgen, die man nicht erst beklagen sollte, wenn man das Vogelgezwitscher vermisst.

(RP)
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