Wülfrath Irland im Herzen, Wülfrath im Kopf

Wülfrath · Gekocht hat Café-Schwan Inhaberin Renate Weisemann schon immer gerne, gebacken nie. Inzwischen serviert sie ihren Gästen jedoch perfekt zubereitete Buttercremetorten. Die Übung macht's.

 Die ehemalige Chefsekretärin Renate Weisemann ist im Café Schwan heute ihr eigener Chef.

Die ehemalige Chefsekretärin Renate Weisemann ist im Café Schwan heute ihr eigener Chef.

Foto: Dietrich Janicki

"Und dann irgendwann war es einfach an der Zeit, etwas anderes zu machen", bringt es Renate Weisemann auf den Punkt. "Da muss man nicht lange reden. Sondern es tun." Dem eigenen Grundsatz folgend, eröffnete die inzwischen 66-Jährige 1996 ihr eigenes Lokal, das Café Schwan.

Von ihrem bis dahin ausgeübten Job als Chefsekretärin in einem bekannten Unternehmen, das alljährlich eine Familienmanagerin kürt, hatte sie damals genug. "Eigentlich wollte ich ein Weinlokal aufmachen." Denn erstens ist die Mutter von zwei Töchtern Weintrinkerin und zweitens war das so etwas wie eine Angebotslücke. "Es gab so ein Lokal nicht. Aber ich bin kein Nachtmensch." Die Offerte, das Lokal im Haus aus dem 17. Jahrhundert an der Schwanenstraße zu übernehmen, war perfekt. Als Erstes checkte sie, was für Mitbewerber es gibt: Zwei Eissalons. "Daraus ließ sich etwas machen." Und weil die gebürtige Elberfelderin, deren Herz "leidenschaftlich fürs malerische Wülfrath, eine süße Stadt" schlägt, kurz zuvor an anderer Stelle gerade das Konzept einer funktionierenden Cafeteria umgesetzt hatte - nämlich in der Schulmensa am Gymnasium Bayreuther Straße in Wuppertal, das beide Töchter besuchen - klaute sie bei sich selbst die besten Ideen. Und kopierte sie fürs Café.

"Natürlich habe ich mich vorher mit der Familie abgestimmt." Denn Gastronomin zu sein ist "ein Fulltime-Job". Jedenfalls, wenn man es mit Lust und Akribie betreibt, wie Renate Weisemann es tut. "Der Kundenwunsch ist Trumpf", der ist in Form von frisch zubereiteter Pfannkuchen, Toasts und Salaten auf der Standardkarte bestellbar. Schwer angesagt ist die Adresse ebenso fürs Frühstück, richtig gut frequentiert ist das Mittagsangebot. Das Geheimnis heißt "Hausmannskost, in der Stadt gibt es viele Leute, die schon älter sind, für sich allein nicht kochen und sich deshalb über solche Rezepturen freuen." Der Nachwuchs übrigens auch, der schätzt Rindsroulade & Co. als gelungene Alternative zur Kantinenpampe oder den schnellen to-go-Gerichten.

Gekocht hat Renate Weisemann "immer gerne. Gebacken nie". Inzwischen bereitet sie Buttercremetorten oder einen Frankfurter Kranz aus dem Effeff zu, "ich bastel auch gerne mal ein Rezept um. Und wenn was schief geht, na ja, daraus lernt man." Dieses Lernen und sich interessieren im Sinne von Augen und Ohren aufsperren zeichnet die Gastronomin aus. Experimentierfreudig ist sie und hat wenig Lust, sich auf erreichten Meriten auszuruhen. Als Versuchsballon probierte sie, ihre eigentliche kulinarische Vorliebe, Wein und Käse, anzubieten. "Das war nichts."

Auch an Öffnungszeiten bis in die Puppen versuchte sie sich, erfolglos. "Hier geht man früh zu Bett." Funktioniert haben dagegen sofort Kulturideen. Alle zwei Monate gibt es szenische Lesungen, im halbjährlichen Turnus wechseln die Bilder an der Wand der hier ausstellenden Künstler.

Und neuerdings gastiert eine Theaterformation, "die kamen auf mich zu". Das passte gut, den Leuten hat es gefallen - also wird es fortgesetzt.

"Wenn man in einer Stadt arbeitet, engagiert man sich auch für sie." Zusammen mit der Werbegemeinschaft versuchte sie sich einzubringen, die Hebel zu bedienen, die das innerstädtische Profil stärken könnten. Noch lieber aber als über Lust und Frust bei städtischen Angelegenheiten zu sprechen, schwärmt sie von ihrer heimlichen Liebe. Irland.

"Im vergangenen Jahr war ich mit meinem Mann zum ersten Mal da", 2400 Kilometer entlang der Küste absolvierte sie innerhalb von 14 Tagen. "Das war nur schön", die faszinierende Natur war ein Erlebnis, die "ungeheuer netten Leute ebenso. Ich bin in noch keinem Land so herzlich aufgenommen worden". Ziemlich viel haben die Eheleute "abgegrast". Und doch nicht genug gesehen. Deshalb ist im kommenden Jahr eine weitere Exkursion auf die Grüne Insel geplant. Die Zeit bis dahin vertreibt sie sich in ihrem Café.

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