Wülfrath Schiedsmänner machen reinen Tisch

Wülfrath · Mehr als die Hälfte aller Fälle konnten Jochen Gödde und Lutz Salamon in Wülfrath schlichten.

Wülfrath: Schiedsmänner machen reinen Tisch
Foto: Janicki, Dietrich

Fast jeder Zweite hatte schon einmal Streit mit seinen Nachbarn. Das fand das Meinungsforschungsinstitut Forsa im November 2017 in einer Studie heraus. Der Wülfrather Schiedsmann Jochen Gödde und sein Stellvertreter Lutz Salamon können diese Entwicklung nur bestätigen. Mit dem Thema Nachbarschaftsstreit haben sie in ihrem Amt am häufigsten zu tun. Gemeinsam sorgen Gödde und Salamon seit zwei Jahren im Schiedsamt der Stadt Wülfrath dafür, dass bei Auseinandersetzungen zwischen Bürgern das Gericht gar nicht erst eingeschaltet werden muss. Wenn es darum geht, wie weit die eigene Hecke von der Grundstücksgrenze entfernt sein oder wo ein Zaun errichtet werden darf, wissen die beiden Schiedsmänner auf den Zentimeter genau Bescheid. Aber auch bei Strafsachen wie Hausfriedensbruch, Beleidigungen oder Körperverletzung können sie helfen und schlichten, ohne dabei ein Urteil zu fällen. "Wir versuchen die Menschen zusammen zu bringen und stellen die Kommunikation zwischen ihnen wieder her", erklärt Jochen Gödde.

Der Schiedsmann ist eigentlich Lehrer für evangelische Religion und Biologie am Heinrich-Heine-Gymnasium in Mettmann. Mit dem Streit schlichten kennt er sich ziemlich gut aus: Seit 16 Jahren bildet er am Mettmanner Gymnasium die älteren Schüler zu Streitschlichtern für die jüngeren aus - ganz nach dem Motto: Die Großen helfen den Kleinen.

Der Unterschied zum Streitschlichten zwischen den Erwachsenen Bürgern, die beim Schiedsamt Hilfe suchen, ist da manchmal gar nicht so groß. Die mediativen Verfahren sind dieselben, und das Verhalten der Betroffenen ähnelt nicht selten dem der Jugendlichen. "Wenn die Parteien sich begegnen, wird möglicherweise beleidigt oder abschätzig geschaut", sagt Gödde, "manche mögen sich zu Beginn des Gesprächs noch nicht einmal anschauen".

Stellvertreter Lutz Salamon - seit 15 Jahren selbstständig als Coach für Führungskräfte tätig - findet es gerade dann wichtig, auch hinter die Kulissen zu schauen. "Hinter den Anliegen verbirgt sich oft eine ältere Geschichte oder es geht vielleicht eigentlich um ein ganz anderes Thema", erklärt er. Ein Gespür für solche Fälle zu entwickeln, sei - Abseits der Technik - manchmal sehr hilfreich, findet er. Die schlimmsten Fälle seien aber die, die innerhalb der Familie passieren, findet Gödde. "Da wird es oft sehr emotional. Zum Teil geht es auch um richtig viel Geld. Meist reicht da ein Schlichtungstermin nicht", fügt er hinzu.

Das nötige Feingefühl haben die beiden Schiedsmänner offensichtlich: Zwölf Fälle gab es in den letzten beiden Jahren, zwei Drittel konnten sie außergerichtlich klären. Für 2018 liegen bereits zwei neue Fälle auf dem Tisch. Gödde und Salamon interessieren solche Messzahlen aber eher weniger. Sie freuen sich einfach, wenn beide Parteien zum Einklang kommen. Und dafür machen sie sich gerne auch einmal ein Bild des jeweiligen Falles vor Ort.

Noch besser würde das Schlichten aber funktionieren, wenn die Bürger sich mit ihren Anliegen viel früher ans Schiedsamt wenden würden. "Je früher desto besser", findet Lutz Salamon. Irgendwann können auch sie nichts mehr ausrichten.

(mkoe)
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