Xanten Behinderter Mann von Stadt enttäuscht

Xanten · René Tepaß hatte gehofft, nach einem Praktikum im Haus der Begegnung und im Rathaus eine feste Stelle zu bekommen. Seine Eltern werfen Bürgermeister Thomas Görtz vor, er habe ihren Sohn für den Wahlkampf benutzt.

 René Tepaß mit der Seniorin Ruth Sturm beim Antritt seines Praktikums im Haus der Begegnung am 1. April.

René Tepaß mit der Seniorin Ruth Sturm beim Antritt seines Praktikums im Haus der Begegnung am 1. April.

Foto: arFI / OO (archiv)

René Tepaß' Traum ist ein fester Arbeitsplatz, bei dem er weiß: "Da gehöre ich hin." Seit Jahren rennt er diesem Traum hinterher. Erneut muss er einen Rückschlag hinnehmen: Die Hoffnung des lernbehinderten Büderichers auf eine Anstellung bei der Stadt Xanten ist geplatzt. Mit ihm sind seine Eltern tief enttäuscht. Beim Stichwort "Inklusion" gerät seine Mutter Rosanne Tepaß in Rage: "Arbeitgeber stellen Behinderte ein, aber nur solche mit IQ 150 und im Rollstuhl, die dann irgendwo hingestellt werden, wo sie keiner sieht."

Dabei hatte es im Frühjahr so gut ausgesehen: Der damalige Bürgermeister-Kandidat Thomas Görtz hatte in der RP von René Tepaß und seinen vergeblichen Bemühungen um eine Festanstellung gelesen. Der Büdericher hatte eine Reihe von Praktika und Qualifizierungsmaßnahmen absolviert; einen festen Job bekam er nie. Görtz wandte sich an die Familie, er vermittelte Tepaß ein Praktikum im Xantener Haus der Begegnung, daneben versah der 34-Jährige Hausmeisterdienste im Rathaus. Das alles im Rahmen einer bis Ende August laufenden Qualifizierung, die von der Arbeitsagentur gefördert wird. Danach sollte Tepaß fest angestellt werden. "Wenn alles passt", hatte Görtz betont.

Jetzt ist klar: Es passt nicht. Görtz, inzwischen Bürgermeister, hat dies Familie Tepaß in einem Gespräch mitgeteilt. Der enttäuschte René Tepaß hat sogleich einen ihm noch zustehenden Urlaub genommen und Xanten ade gesagt. Und die Eltern werfen Thomas Görtz vor, er habe "den Mund zu voll genommen" und ihren Sohn für den Wahlkampf benutzt.

Ein Vorwurf, der Görtz trifft. "Es war mir absolut ernst", versichert er. Aufgrund eines ähnlichen Falls in seiner Familie könne er sich in die schwierige Situation der Familie Tepaß einfühlen. "Ich habe aber auch eine Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern. Es war einfach zu wenig, um daraus ein Beschäftigungsverhältnis zu machen." Die Ausgaben für ein Gehalt, ob es nun über die Stadt oder die Sozialstiftung bezahlt würde, müssten schließlich gerechtfertigt werden. Er, Görtz, habe sogar angeboten, das Praktikum über den August hinaus zu verlängern, um Tepaß eine weitere Chance zu geben. "Aber nach den Vorgaben der Arbeitsagentur wäre dies nur möglich gewesen, wenn ich zugesagt hätte, ihn danach fest anzustellen. Diese Zusage konnte ich nicht machen."

Dass ihr Sohn seinen Aufgaben nicht gewachsen war, diesen Eindruck hatten die Eltern von René Tepaß in den letzten Monaten nicht. "René und uns wurde immer das Gefühl vermittelt, es sei alles OK", sagt Rosanne Tepaß. Mitarbeiterinnen der deutschen Angestellten-Akademie (DAA), die René Tepaß regelmäßig in Xanten aufsuchten, hätten ihm stets signalisiert, dass es für ihn gut aussehe.

Wie es nun mit René Tepaß und seinem Großen Traum weitergeht, ist offen. In der nächsten Woche, so teilte die Arbeitsagentur mit, stehe ein Gespräch mit der Familie an. Bleibt dem 34-Jährigen, der so gerne auf eigenen Beinen stehen möchte, der einen Führerschein und einen Personenbeförderungsschein besitzt, der freundlich und motiviert ist, allerdings auch "etwas langsam" (so Rosanne Tepaß) - bleibt ihm nun doch nur noch der Weg in eine Behindertenwerkstatt? Davor hat er sich bisher gesträubt. Nicht nur, weil er glaubt, dass er dort unterfordert würde. Tepaß, der eine abgetrennte Wohnung bei seinen Eltern hat, braucht rund 800 Euro monatlich, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. In der Behindertenwerkstatt bekäme er aber nur ein Taschengeld.

(RP)
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