Sonsbeck Betroffenheit über Verzweiflungstat

Sonsbeck · Asylbewerber aus Aserbaidschan zündete sich selbst an. Er wurde mit schweren Verletzungen in eine Spezialklinik geflogen.

 Betroffenheit bei den umstehenden Passanten. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht von dem schlimmen Vorfall im Ort. Asylbewerber warteten vor dem Rathaus auf Neuigkeiten.

Betroffenheit bei den umstehenden Passanten. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht von dem schlimmen Vorfall im Ort. Asylbewerber warteten vor dem Rathaus auf Neuigkeiten.

Foto: Stoffel

Eine Stunde nach der Tragödie ging im Ort alles wieder seinen gewohnten Gang: Nur die Fetzen eines grauen Sweatshirts unter weißem Löschschaum auf der Balberger Straße vor dem Rathaus und ein Mann in weißem Ganzkörperanzug und Mundschutz von der Spurensicherung verwiesen noch auf die Verzweiflungstat des 26-jährigen Asylbewerbers, der gestern mit schweren Verletzungen in die Unfallklinik in Duisburg eingeliefert wurde.

Gestern um 10.15 Uhr übergoss sich der Mann aus Aserbaidschan im Erdgeschoss des Rathauses mit Benzin und zündete sich an. Er hatte sein wöchentliches Taschengeld im Amt für Ordnung und Soziales abholen wollen. Den Behälter mit Benzin hatte er vorher eingepackt. Weil sein Asylantrag vor zwei Wochen abgelehnt worden war, hat ihn wohl die Verzweiflung getrieben. Das jedenfalls vermuten Polizei und Stadtverwaltung.

Zum Glück griff ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes und erfahrener Feuerwehrmann sofort ein. Er löschte den Brand auf dem Rathausflur und folgte dann dem in Flammen stehenden Mann auf die Straße. "Der Mann hat sein Oberteil ausgezogen", erzählt der Mitarbeiter. "Ich habe das dann gelöscht und auch eine Stelle seiner Hose, die immer noch brannte."

Angestellte des K+K-Lebensmittelmarktes und Passanten halfen dem Mann auch und versorgten ihn, bis Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei eintrafen. Das Rettungsteam orderte einen Hubschrauber, die Feuerwehr musste nur noch das Gebäude entrauchen. Denn auch die Mitarbeiter waren schon alle evakuiert. "Die Mitarbeiter sind aufgeregt und in Sorge", sagte Bürgermeister Heiko Schmidt. Doch bis zum Nachmittag nahm die Verwaltung mit Ausnahme des Fachbereichs für Ordnung und Soziales wieder ihre Arbeit auf.

Der Aserbaidschaner lebt seit drei Monaten in einer Wohnung direkt gegenüber des Rathauses an der Kastellstraße, die der Gemeinde gehört. Zuvor hatte er in der Asylunterkunft im Alten Rathaus an der Hochstraße gelebt. Eine ehemalige Nachbarin, die mit ihrem Bruder und ihren Eltern vor 25 Jahren aus dem Kosovo nach Deutschland kam, sagte, dass der junge Mann ruhig und unauffällig gewesen sei. Die 29-Jährige war zufällig zur gleichen Zeit im Rathaus gewesen, als der Mann sich angezündet hatte.

In den Asylunterkünften auf der Herrenstraße und der Kastellstraße herrschte Betroffenheit. Im Alten Rathaus informierten Bewohner Angehörige per Handy über den Vorfall. Sonst herrschte eher Schweigen und hilfloses Schulterzucken. Nachbarn in dem hinterliegenden Einfamilienhausgebiet schüttelten den Kopf. Von den Asylbewerbern, die im Ortsbild durchaus präsent sind, kann kaum jemand etwas sagen. Sie seien unauffällig und sehr ruhig, hieß es. Und auch in der benachbarten Kleiderstube des Kinderschutzbundes Peter Pan ist der Kontakt eher selten: Schon mal, so Petra Olfen, Vorsitzende des Kinderschutzbundes, kämen Familien vorbei. Immer seien sie höflich. Das Geschehen am Rathaus? "Schrecklich!"

(RP)
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