Xanten Birtener erweckt alte Uhren zum Leben

Xanten · Hans-Peter Feldmann restauriert und repariert in seiner kleinen Werkstatt Uhren für Liebhaber aus dem ganzen Land.

 Hans-Peter Feldmann bei der Arbeit an einer englischen Standuhr aus der Zeit um 1800, die er komplett restauriert hat.

Hans-Peter Feldmann bei der Arbeit an einer englischen Standuhr aus der Zeit um 1800, die er komplett restauriert hat.

Foto: Armin Fischer

Hans-Peter Feldmann weiß immer, was die Stunde geschlagen hat und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die große Leidenschaft des Birteners sind alte Uhren, vorzugsweise solche, die mit hellem Klang und mitunter vertrauten Melodien die Zeit verkünden. Angefangen hat alles in den 50er Jahren mit der großen Wanduhr seines Großvaters. Als die eines Tages zur Erbmasse zählte, haben seine Eltern und die vier Geschwister abgewunken. Der junge Feldmann griff zu und begann auf seine Weise damit, sich der unbekannten Technik zu nähern. "Ich habe sie erstmal auseinandergenommen und mir das Uhrwerk näher angesehen. Das fand ich sehr interessant", erinnert sich der 74-Jährige. Dieses Interesse sollte den gelernten Maschinenbauer nie mehr loslassen. Selbst als zwischendurch eine Phase kam, in der Mineralien sein Hobby wurden, blieb er dem mechanischen Gang der Zeit treu. "Ich habe Achate in Scheiben geschnitten und Uhrwerke darin eingebaut", so Feldmann.

Heute restauriert und repariert er in seiner kleinen Werkstatt in Birten Uhren für Liebhaber aus ganz NRW. Derzeit befasst er sich mit einer Standuhr aus dem 19. Jahrhundert, deren akkurat bemaltes Ziffernblatt aus Porzellan ist und in dessen Gehäuse sich der Holzwurm eingenistet hatte. "Diese Uhren können 300 bis 400 Jahre laufen, kommen 25 Jahre ohne Wartung aus. Früher wurde zuerst das Ehebett vererbt und dann die Uhr", berichtet Feldmann. Damit deutlich wird, dass jedem einmal die letzte Stunde schlagen wird, schwingt über dem Ziffernblatt ein Engel die Sense im Takt des Pendels. Aber so aufwendig ein Gehäuse oder ein Uhrenschrank auch sein mag, Feldmanns Interesse gilt hauptsächlich dem darin enthaltenen Uhrwerk. Um die filigrane Handwerkskunst sichtbar zu machen, baut er diese Uhrwerke in Glasgehäuse ein. Erst so wird deutlich, mit welcher Akribie die Zeitmesser vergangener Tage hergestellt wurden. "Dieser Auslösehebel für das Stundenrad ist alleine schon ein kleines Kunstwerk", deutet er auf einen kunstvoll gebogenen Hebel, der oberhalb des Räderwerkes wie ein Dirigent den Takt vorgibt.

Anhand der Geschichte dieser alten Uhren lässt sich auch die immer schnelllebiger werdende Zeit erkennen. "Früher gab es nur Stundenzeiger, das reichte den Menschen völlig aus. Später kam der Minutenzeiger hinzu. Ein Sekundenzeiger ließe sich ganz leicht anbringen, aber der wurde nie benötigt", erläutert das Mitglied der deutschen Gesellschaft für Chronometrie. Irgendwann hat es ihn in den Fingern gejuckt und er hat seine eigene Uhr gebaut, mit Mondphasen- und Sekundenzeiger.

Die 2,35 Meter große und mit 200 Jahre alter Eiche verkleidete Standuhr im Wohnzimmer hat der Fachmann mit einem ausgefeilten Glockenspiel ausgestattet. "Die Melodien hat ein Komponist aus Holland für mich geschrieben. Ich habe sie über eine Walze auf das Glockenspiel umgesetzt." Feldmanns ältestes Stück gibt die Zeit ebenfalls im Wohnzimmer bekannt. Es handelt sich dabei um ein französisches Uhrwerk aus dem Jahr 1700, dessen Gehäuse längst verrottet war. Der Hobby-Uhrmacher hat nicht nur ein neues Gehäuse aus edlem Mahagoni darumgebaut, sondern nach langer Suche auch die passenden feuervergoldeten Applikationen aus dieser Zeit gefunden.

Dass Uhren längst zum Wegwerfprodukt geworden sind, tut Feldmann weh. Eine moderne Quarzuhr kommt für ihn nicht infrage: "Warum sollte ich eine Batterie kaufen, wenn genügend Energie in mir steckt, um eine Uhr aufzuziehen?", sagt er und dreht den Schlüssel, woraufhin sich das Gewicht mit leisem Knarren in Bewegung setzt. Einmal aufgezogen, läuft die Uhr zehn Tage durch, und das mit höchster Präzision. "Ich hatte mal einen Kunden, der hat die Genauigkeit mit seiner Quarzuhr verglichen, da fehlte am Ende eine Minute. Aber das sind Sekundenfuchser", meint Feldmann.

(erko)
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