Xanten Christofer mit F ist Poetry-Slam-Meister

Xanten · Der Lateinlehrer gewann mit Witz und Temperament bei der Stadtmeisterschaft in der Buchhandlung Librarium.

Das silberne X der Xantener Poetry-Slam-Stadtmeisterschaft 2016/17 am Freitagabend in der Buchhandlung Librarium ging an Christofer mit F. Gegen den quirligen Lateinlehrer aus Herne hatte auch Fabienne Asmani, wortgewandte Schülerin des Städtischen Stiftsgymnasiums, keine Chance.

Nach den ersten zwei Runden sah es so aus, als würde der gut aufgelegte Moderator Michael Schumacher - selbst ein erfolgreicher Slammer - seinem Kollegen Achim Leufker aus Rheine zum Sieg gratulieren dürfen. Doch als dann in der Finalrunde Christofer mit F, mit bürgerlichem Namen Rott, das Mikrofon beiseiteschob, Librarium-Chef Volker Muthmann fragte, ob die Nachbarn lärmempfindlich seien, die gebeugte Haltung eines Boxers einnahm, um dann als imaginärer Referendar während einer Lehrprobe ein "Feedback" zu den Leistungen ebenso imaginärer Fünftklässler hinzulegen, musste sich Leufker mit Platz zwei begnügen.

Bei Rott stimmte einfach alles - die Bühnen-Performance als total genervter Junglehrer, dem nach langen Leiden an seinen unerzogenen Schülern der Kragen platzt, und der humorvolle, rhythmisch perfekte Text, in dem teils deftíge Schimpfworte fielen. Die Zuschauer bogen sich vor Lachen über den humanistisch gebildeten Pädagogen, dessen Schüler sich mehr für ihre Handys als für seine Ausführungen interessieren.

Christofer mit F hatte in den beiden Vorrunden noch auf Platz zwei in der Wertung gelegen, doch sein dritter Auftritt sicherte ihm den Sieg.

Eigentlich hatte Moderator Schumacher sechs Slammer eingeladen, doch die Grippewelle macht auch vor Poeten nicht halt, und so konnte er beim nunmehr sechsten Xantener Slam nur fünf Teilnehmer begrüßen. Die legten sich jedoch alle heftig ins Zeug, so dass die Zuschauer im voll besetzten Librarium dennoch auf ihre Kosten kamen.

Ralph Beyer aus Wuppertal trug zwei nachdenkliche Kurzgeschichten vor, doch sein verhaltener Bühnenauftritt sicherte ihm nur freundlichen Applaus. Auch bei Claudia Wiemer hat es nicht für die Finalrunde gereicht. Die Borkenerin wartete zwar mit einer sprachlich ausgefeilten, makabren Geschichte auf - eine betrogene Ehefrau serviert der heimlichen Geliebten des Gatten, ihrer besten Freundin, selbigen als perfekt gebratenes Steak auf dem Grill - doch die erst siebzehnjährige Fabienne Asmani, die aus Sonsbeck stammt, aber in Xanten zur Schule geht, überzeugte mehr.

Dabei trägt die Xantener U-20-Poetry-Slam-Meisterin Lyrik vor, und die hat es gewöhnlich nicht leicht, sich gegen komödiantische Texte durchzusetzen. Ihre Gedichte über den Perfektionismus-Wahn oder über die Selbstfindung eines Teenagers sind es nicht nur wert, dass man über sie nachdenkt, Fabienne weiß auch, sie gut zu rezitieren. Doch gegen zwei alte Hasen wie Leufker und Rott, die man sich beide gut auf der Bühne etwa des Satire-Gipfels vorstellen kann, hatte sie es schwer.

Leufkers schmissig vorgetragene Collage aus Schlagertextzeilen ist eine schlicht perfekte Persiflage auf den Kitsch, den deutsche Schlager verbreiten. Ob "Marmor, Stein und Eisen bricht", "Er hat ein knallrotes Gummiboot" oder "Sonderzug nach Pankow" - kaum ein Hit der letzten Jahrzehnte blieb verschont. Leufker war überschwänglicher Applaus des Publikums sicher. Aber dann kam eben noch Christofer mit F und bewies, dass Lateinlehrer keine drögen Kerle sein müssen.

Gisela Brammen, die wie viele unter den Zuschauern bislang bei sämtlichen Xantener Slams dabei war, kam wieder auf ihre Kosten. Und auch die Kür des Siegers ging für sie in Ordnung.

(evka)
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