50 Jahre Lebenshilfe Das FSJ ist eine Erfahrung fürs Leben

Xanten · Julia Poersch absolvierte ein Freiwilliges Soziales Jahr im Xantener Wohnheim der Lebenshilfe. Das ist jetzt zu Ende, doch die 18-Jährige bleibt, weil sie tolle Menschen kennen gelernt hat und viel Lebenserfahrung sammeln kann.

Normalerweise wäre vor drei Wochen Schluss gewesen: Ende August endete Julia Poerschs Freiwilliges Soziales Jahr im Xantener Wohnheim der Lebenshilfe Unterer Niederrhein. Aber Julia wollte nicht gehen - und bleibt deswegen noch ein weiteres Jahr. Warum? "Weil die Gemeinschaft hier wie eine zweite Familie für mich geworden ist. Und weil mir die Arbeit unheimlich viel Spaß macht", sagt sie.

Es war ein Zufall, der die 18-Jährige aus Marienbaum vor einem guten Jahr zur Lebenshilfe gebracht hat. Sie hatte gerade ihr Fachabitur im Sozial- und Gesundheitswesen am Xantener Placidahaus gemacht und wollte eigentlich studieren. Dazu fehlte ihr aber die Praktikumszeit. So suchte sie nach Stellen und fand die Anzeige der Lebenshilfe, die Interessenten für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) suchte. Julias Interesse war geweckt - nicht nur weil ein FSJ im Studium als Praktikumszeit angerechnet werden kann. Sie bewarb sich und bekam die Stelle.

Wenn Julia heute über ihr Jahr bei der Lebenshilfe spricht, dann gerät sie ins Schwärmen: über den freundschaftlichen Umgang mit den Bewohnern; über die vielen Dinge, die sie gelernt hat; über eine Zeit, die sie zusammenfassend so beschreibt: "Meine Einstellung zum Leben hat sich durch die Arbeit mit den behinderten Menschen völlig verändert. Ich habe gelernt, gelassener zu sein und freue mich über die kleinen Dinge."

Im Xantener Wohnheim leben 20 Menschen mit Behinderung in zwei Gruppen. Einige Bewohner brauchen wenig Hilfe und sind weitgehend selbstständig; andere hingegen sind auf mehr Betreuung angewiesen. Ob sie anfangs Berührungsängste mit den behinderten Menschen hatte? "Nein, das nicht gerade", sagt die Marienbaumerin. Aber natürlich müsse man sich zunächst aneinander gewöhnen. "Das ist ganz einfach. Wenn man normal miteinander umgeht, gibt's keine Probleme."

Probleme hatte sie auch mit ihren Aufgaben nie. An die pflegerischen Tätigkeiten habe sie sich gewöhnen müssen, das sei aber schnell gegangen. Man muss sich nur vor Augen führen, dass man zum Beispiel durch einen Unfall schnell selber in die Situation kommen kann, auf Hilfe angewiesen zu sein."

Die Pflege ist auch ein Teil ihres abwechslungsreichen Arbeitsalltags. Julia arbeitet im Zwei-Schicht-System. Und je nachdem, ob sie Früh- oder Spätdienst hat, hat sie auch unterschiedliche Aufgaben. Morgens pflegt sie die Bewohner und hilft ihnen beim Frühstück. Wenn die Arbeitnehmer dann in der Werkstatt sind, begleitet sie die Rentner oder diejenigen, die Urlaub haben, zu Arzt- oder Behördenterminen. Das macht jeden Arbeitstag so abwechslungsreich.

Im Spätdienst stehen vor allem Gespräche und Unternehmungen auf dem Programm. Nach dem Feierabend in der Werkstatt kommen die Bewohner und verarbeiten beim gemeinsamen Kaffeetrinken ihre Erlebnisse auf der Arbeit.

Danach werden häufig spontan noch kleinere Aktivitäten geplant wie ein Spaziergang oder Spieleabend. Dann ist auch fast schon wieder Schlafenszeit, und die Bewohner machen sich mit Julias Hilfe bettfertig.

Julia ist froh, dass sie noch ein weiteres Jahr als Aushilfskraft bei der Lebenshilfe bleiben kann. Auch danach möchte sie gerne weiter mit behinderten Menschen arbeiten. "Vorher möchte ich Sozialpädagogik studieren." Ihr Freiwilliges Soziales Jahr hat den Weg dahin geebnet. "Ich kann es jedem nur empfehlen", sagt sie.

(RP)
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