Die Neuen Alten Der 94-Jährige, der nach Dubai fliegt

Xanten · Erich Hänsel aus Alpen liebt große Reisen: Mit dem Rollator ging es in den Flieger Richtung Arabien, dann auf Kreuzfahrt.

 An die Tage in Dubai schloss sich für Erich Hänsel eine Kreuzfahrt mit der Costa Fortuna an. Dazu gehört natürlich auch das Erinnerungsfoto mit Kapitän Carmine Maddaloni.

An die Tage in Dubai schloss sich für Erich Hänsel eine Kreuzfahrt mit der Costa Fortuna an. Dazu gehört natürlich auch das Erinnerungsfoto mit Kapitän Carmine Maddaloni.

Foto: privat

"Sie sind doch verrückt. Das halten Sie nicht durch." Es gab viele warnende Stimmen, als Erich Hänsel sich entschloss, eine Reise nach Dubai mit anschließender Kreuzfahrt zu buchen. Er sei zu alt für die weite Reise, das Klima im Wüstenstaat werde ihm nicht bekommen. Hänsel, der am 15. August 95 Jahre alt wird, ließ sich nicht abhalten. Und verbrachte wunderbare Tage in der lebendigen Stadt Dubai und anschließend auf der Costa Fortuna.

"Es war alles bestens organisiert, ich hatte keine Probleme", berichtet er. Mit dem Rollator ging es in den Flieger, auf dem Schiff hielt man, wenn nötig, auch einen Rollstuhl parat. "Einige Kabinen weiter wohnte eine Frau, die auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie wurde genauso gut betreut." Nur die große Moschee in Muscat konnte er nicht besichtigen, da gab es zu viele Treppen. "Ich habe mich in den Schatten gesetzt und gewartet. Ich hatte nie das Gefühl, verloren zu sein, sondern war immer bestens betreut", resümiert er die Reise, an die viele Fotos erinnern.

"Reisen im Blut"

 1938 durchquerte Erich Hänsel per Rad in 40 Tagen ganz Deutschland.

1938 durchquerte Erich Hänsel per Rad in 40 Tagen ganz Deutschland.

Foto: Privat

Das Reisen liegt ihm im Blut. Das merkt man schnell, wenn er über sein langes Leben erzählt, in einem Stil, der an den Erfolgsroman vom "Hundertjährigen, der aus dem Fenster steigt" erinnert. Obwohl er das Buch gar nicht kennt. Schon als Schüler in Dresden machte Erich Hänsel große Touren - mit dem Fahrrad. In den großen Ferien 1938 führte die Tour ihn zunächst nach Hamburg ("für fünf Mark machte ich die Schiffsreise nach Helgoland, um mir dort eine der großen Tafeln Schokolade zu kaufen") und ins Ruhrgebiet. Enttäuscht vom Ruhrschnellweg, von dem er vorher so viel gehört hatte, ging es über Düsseldorf und Köln weiter den Rhein runter bis zum Bodensee, dann über Österreich und Würzburg wieder zurück in die Heimat. 40 Tage dauerte die Radtour.

Nach dem Abitur ging es von der Schulbank direkt in den Krieg. Auf dem Weg mit der Truppe Richtung Venlo kam er zum ersten Mal an den Niederrhein. Dass ich hier mal leben sollte, konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen." Sechsmal wurde er verwundet, bis er nach fünf Jahren, fünf Monaten und zehn Tagen als Soldat in amerikanische Gefangenschaft geriet. "Aber das hat mir nicht gefallen", gibt er trocken zu Protokoll.

Nach fünf Stunden sei er abgehauen und habe sich Richtung Heimat durchgeschlagen. Noch mal wollte er sich nicht an die Front schicken lassen. Er schlug sich weiter durch und erlebte viele Abenteuer, wie seinen Versuch, mit seinen Französisch-Kenntnissen und einer geschenkten Jacke an einer russischen Straßensperre vorbeizukommen. Es endete mit einem gemeinsamen Schnaps-Trinken mit dem Russen im Straßengraben.

Ein bewegtes Leben

Nach dem Krieg war er Hilfsarbeiter, studierte dann und wurde Volkswirt. Er arbeitete im statistischen Landesamt Schwerin und später in Ost-Berlin. Er beteiligte sich am Volksaufstand und entschloss sich nach dem 17. Juni, in den Westen zu wechseln. Auch dort musste er sich wieder durchschlagen. Als Arbeiter im Straßenbau. So kam er nach Moers ("Diese Stadt kannte ich aus dem Geschichtsunterricht") und arbeitete unter anderem an der Starkstromleitung in Utfort mit. Schließlich fand er in Wattenscheid eine Stelle als Statistiker. Mit seiner Frau Johanna, die er vor 24 Jahren verlor, zog er ins Häuschen nach Alpen. Zwei Söhne und ein Enkelkind komplettieren die Familie.

Als andere die ersten Pauschalreisen buchten, zog es Hänsel wieder einmal ins Abenteuer. Mit dem eigenen Auto fuhr er 1978 über Genua nach Tunesien, kehrte dann über Algerien, Marokko, Spanien und Frankreich zurück. 40 Tage dauerte diese Reise.

"Man glaubt nicht, was man in einem Leben alles erleben kann", stellt er schmunzelnd fest. Und es soll weitergehen: In die Karibik oder Richtung Asien könnte die nächste große Reise führen. 100 Jahre alt möchte Erich Hänsel auf jeden Fall werden - da bleibt noch viel zu sehen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort