Xanten Der Lotse geht von Bord

Xanten · Er ist das Bindeglied zwischen Verwaltung und Wirtschaft: Helmut Derksen hat 47 Jahre im Rathaus gearbeitet, seit 14 Jahren leitet er die Wirtschaftsförderung. Am 20. Oktober ist sein letzter Arbeitstag.

 Helmut Derksen in seinem Büro. Seit 14 Jahren leitet er den Fachbereich für Wirtschaftsförderung im Rathaus. Nun wird sein Nachfolger gesucht.

Helmut Derksen in seinem Büro. Seit 14 Jahren leitet er den Fachbereich für Wirtschaftsförderung im Rathaus. Nun wird sein Nachfolger gesucht.

Foto: A. Fischer

"Ich bin jetzt 46 Jahre mit Krawatte 'rumgelaufen - die trag' ich so, wie andere ein T-Shirt." Dass dies so ist, kommt Helmut Derksen beruflich zugute: "Gerade in der Wirtschaftsbranche macht sich das ganz gut, wenn man ordentlich aussieht. Dem Anlass entsprechend halt." Der 62-Jährige muss es wissen: Er leitet seit 14 Jahren den Fachbereich für Wirtschaftsförderung im Rathaus - noch! Am 9. Oktober ist sein letzter Arbeitstag, danach baut er noch Überstunden ab, nimmt seinen Resturlaub - dann geht er in den Ruhestand. Seine Stelle ist schon ausgeschrieben.

Seit 47 Jahren arbeitet Helmut Derksen im öffentlichen Dienst, hat im Rathaus seine Ausbildung zum Verwaltungsangestellten gemacht, sein Chef war damals der heutige Ehrenbürger Heinz Trauten. Derksen hat in verschiedenen Abteilungen wie Ordnungsamt, Schulamt, Kämmerei gearbeitet, bevor er am 1. Januar 1996 zum Bauamt versetzt wurde und direkt das erste Großprojekt vor der Nase hatte: Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme "Ehemalige NATO-Kaserne mit Umfeld". "Das war eine spannende Geschichte, ich war Koordinator zwischen der Stadt und der Landesentwicklungsgesellschaft", erinnert sich Helmut Derksen. Und auch daran, dass er im Umlegungsausschuss ("ein Gebilde, das es in der Bauordnung gibt") an allen Parkplätzen mitgearbeitet hat, "die wir hier in Xanten haben".

"Ich hatte den großen Vorteil, dass ich jahrelang im Bauamt auch Planungen gemacht hatte, als man mir sagte: Du wird jetzt Wirtschaftsförderer." Eigentlich gehörte zu diesem Amt auch der Bereich Kultur, "aber die wollte ich nicht", gibt er offen zu. Die wurde dann beim Schulamt angesiedelt. Er habe auch nicht wirklich gewusst, was da eigentlich Sache ist, worauf es als Wirtschaftsförderer ankommt. Aber schnell war klar, was das Amt bedeutet: "Ich bin Bindeglied zwischen Verwaltung und Gewerbebetrieben, Lotse quasi. Das war eine schöne Herausforderung", sagt er.

Als er das Amt übernommen habe, war Hans de Fries noch Vorsitzender der Interessengemeinschaft Gewerbetreibender Xantens (früher "Verein für Handel, Handwerke und Gewerbe"). "Helmut, du musst in Xanten wissen, wer mit wem verwandt oder verschwägert ist, musst auch die Querverbindungen kennen", habe ihm de Fries mit auf den Weg gegeben. Der Satz sei hängengeblieben, habe ihn geprägt.

Es habe ihm immer Spaß gemacht, Menschen helfen zu können, die eine Idee haben, sich in Xanten niederlassen wollen. Und dass es in Xanten fast keine Leerstände gibt, führt er auch auf den guten Austausch mit den Gewerbetreibenden zurück. Man habe es viel einfacher, wenn man die Leute kenne, sagt der Mann, der sämtliche Grundstücke, die der Stadt im gewerblichen Bereich gehören, selbst verkaufen durfte. "So wusste ich immer, ob wir auch die entsprechenden Flächen haben für einen Interessenten oder nicht."

Wie beispielsweise für den Investor, der in Birten ein Krematorium bauen wollte. "Während meiner ganzen Dienstzeit habe ich nichts Schlimmeres erlebt", denkt Derksen mit Schaudern an die Versammlung zurück, zu der eine Bürgerinitiative gegen das Krematrium eingeladen hatte und in der sowohl Bürgermeister Thomas Görtz als auch der Technische Dezernent Niklas Franke übel und teils unter der Gürtellinie beschimpft wurden.

Dass vor vielen Jahren schon mal ein Investor ein Krematorium bauen wollte, und zwar dort, wo heute die HEM-Tankstelle steht (Sonsbecker Straße), und dass der Interessent kurz vorher abgesprungen ist, wolle heute keiner mehr wissen.

Drei Dinge wollte der Wirtschaftsförderer noch "auf die Kette kriegen", bevor er den Schreibtisch im Büro gegenüber dem Standesamt räumt: Aldi in Birten, einen Lebensmittelladen in Marienbaum und ein Hotel mit öffentlicher Sauna auf Börgers' Wiese vor den Toren der Stadt. "Haken dran."

"118 Tage und der Rest von heute": Derksen zieht ein positives Fazit. "Es ist viel passiert, ich konnte die Stadt mitgestalten", sagt der Mann, der den Tag der Berufe - immer im Juni - im Schulzentrum installiert hat ("Ich hoffe, dass das weiterläuft"), genau wie das Wein- und Musikfest im Mai.

Ihm hat die Gesundheit ab und an einen großen Streich gespielt, und er hat sich ein E-Bike zugelegt, mit dem er den Niederrhein erkunden will. Weil er noch nie Rentner war, wisse er nicht, was auf ihn zukommt, sagt der Mann, der ungern bügelt, sich auf die Ruhe freut, die RP demnächst noch intensiver lesen will, am liebsten mit seiner Frau Urlaub auf Norderney macht und gerne größere Fische wie das Fischrestaurant Nordsee an Land gezogen hätte. "Wenn Sie 80.000 Einwohner haben, kommen wir", lautete die lapidare Antwort.

(jas)
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