Xanten Der Mann für scharfe Messer

Xanten · Einmal im Jahr verlegt der Solinger Martin Reuter seinen Arbeitsplatz nach Xanten. Er ist - wie schon sein Vater - Scherenschleifer.

 Martin Reuter übt seit elf Jahren einen selten gewordenen Beruf aus. Um Karneval herum ist der Scherenschleifer immer bei Geenen-Groß an der Marsstraße zu finden.

Martin Reuter übt seit elf Jahren einen selten gewordenen Beruf aus. Um Karneval herum ist der Scherenschleifer immer bei Geenen-Groß an der Marsstraße zu finden.

Foto: OO

Seit elf Jahren ist Martin Reuter bundesweit unterwegs, von Hamburg bis Regensburg. Seit fünf Jahren steuert der Solinger immer um Karneval herum auch das Fachgeschäft für Haushaltswaren, Glas und Porzellan von Maria Geenen-Groß an der Marsstraße an, im Auto sein gesamtes Equipment: Schleifmaschine, Amboss, Bodenplatte, Absauger, Werkzeug, weiche Lappen, Öl, Rostschutz- und Kühlmittel, Stuhl. Der 35-Jährige ist Messer- und Scherenschleifer und in die Fußstapfen seines Vaters Peter getreten, der mit 70 immer noch als mobiler Schleifer arbeitet.

"Industriemechaniker Fachrichtung Teilezurichter" ist die offizielle Berufsbezeichnung für einen Scheren- und Messerschleifer. Beim Onkel hat Martin Reuter mit 14 in die Schleiferei reingeschnuppert, "das war quasi mein erster Ferienjob". Aber ihm war schnell klar: "Das ist mir zu laut und dreckig". Da wollte er lieber wie der Vater durch die Lande reisen, vor allem auch, "weil man so viel Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen hat".

So wie bei Geenen-Groß. Körbeweise stehen die Messer und Scheren auf der Fensterbank, abgegeben von Kunden nicht nur aus Xanten, sondern auch aus Oberhausen, Dinslaken, Geldern, Kalkar. "Was nehmen Sie dafür?" will ein älterer Herr wissen, der mit einem Satz Küchenmesser reinkommt. "Das lohnt sich nicht mehr, da können Sie sich besser neue kaufen. Die sind hin", antwortet der 35-Jährige freundlich, nachdem er die Messer begutachtet hat.

1,90 Euro nimmt er für eine Klinge bis zu 8,5 Zentimeter Länge, mit 5,20 Euro ist dabei, wer ein Messer mit einer bis zu 26 Zentimeter langen Klinge zum Schleifen abgibt. "Bei der Machete wird aufgerundet", feixt der junge Familienvater, der zwischen einer und drei Minuten an einem Messer oder einer Schere sitzt, je nach Zustand der Schneide. Zu seinen Füßen steht ein Topf mit Wasser, versetzt mit Rostschutz- und Kühlmittel. Da taucht er das Messer und die Schere zwischendurch immer wieder rein, bevor er die Schneide wieder über das Silicium-Carbit-Band am Bandschleifer zieht. Klar hat er sich auch schon mal geschnitten, einmal auch etwas heftiger: Immer wenn die Schneide geschärft ist, poliert Martin Reuter sie mit einem weichen Lappen, "da hab' ich mir mal die Fingerkuppe abgesemmelt".

Güde-Messer, benannt nach Franz Güde, der den Wellenschliff entdeckt hat, die sind ihm am liebsten, "das ist noch wirklich Handarbeit". Heute arbeitet der Solinger die letzten Aufträge ab, dann packt er zusammen. Nächstes Jahr, wieder um Karneval herum, ist er wieder in Xanten, um Messer und Scheren aller Art zu schärfen. Mit fünf Ausnahmen: Äxte, Rubel, Haarscheren, Nagelzangen und Keramikmesser, die kommen bei Martin Reuter nicht auf die Schleifmaschine!

(jas)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort