Sonsbeck Die Entwicklung führt an die Belastungsgrenze

Sonsbeck · Improvisationskunst ist gefragt, wenn die Bezirksregierung Flüchtlinge ankündigt. Verwaltungsmitarbeiter kaufen für die Neuankömmlinge ein.

Wenn das Mailprogramm eine neue Nachricht von der Bezirksregierung anzeigt, dann weiß Karin Masolyn schon Bescheid. Die Behörde kündigt weitere Flüchtlinge an. Sie werden in wenigen Tagen in Sonsbeck eintreffen und müssen untergebracht werden. Etwa einmal die Woche erreicht die Sachbearbeiterin in der Sonsbecker Verwaltung solche Mailpost. Dann heißt es, schnell zu handeln, zu planen, organisieren, vorzubereiten, manchmal auch selbst einzukaufen. Mehr als 90 Flüchtlinge leben derzeit in der kleinen Gemeinde. Viel mehr als Bürgermeister Heiko Schmidt Anfang des Jahres noch prognostiziert hatte. Die aktuelle Situation hat alle überrollt.

Schmidt fühlt sich von der Landesregierung hängengelassen, wie er selbst sagt. Die Meldungen der zuständigen Bezirksregierung gehen zumeist mit kurzem Vorlauf ein. So müssen seine Mitarbeiter wie Karin Masolyn und Hans-Jörg Giesen, der stellvertretende Fachbereichsleiter, schnell handeln, denn drei Tage ab Maileingang - manchmal auch weniger - lassen kaum Spielraum. Vielmehr ist Improvisationskunst gefragt, etwa wenn Karin Masolyn selbst nach Geldern fährt, um für die Neuankömmlinge Rollmatratzen zu kaufen und mitzubringen, weil diese in Geschäften der nahen Umgebung ausverkauft sind.

Auch die preiswerten Elektrogeräte, meist mit kleinen Fehlern wie Lackschäden, werden für die Wohnung gekauft. Ebenso die Bettwäsche. Die Haushaltsgegenstände stammen zumeist aus Sachspenden der Bevölkerung. Kleidung kann in der Kleiderkammer der katholischen Gemeinde, Herrenstraße 37, abgegeben werden.

Die Entwicklung bei den Flüchtlingen in diesem Jahr führe bis an die Belastungsgrenze, erläutert Schmidt. "Das Problem ist weniger die Zahl als vielmehr die Schnelligkeit, mit der gehandelt werden muss. Wir können kaum so schnell reagieren." Dabei verteilt die Bezirksregierung die Menschen nicht willkürlich auf die Kommunen, sondern nach einem bestimmten Schlüssel, der sich nach Größe und Einwohnerzahl der Städte und Gemeinden richtet. Ein großes Problem bei der Unterbringung der neuen Flüchtlinge ist der Wohnraum. Bei jeder neuen Mail aus Arnsberg schließen sich Karin Masolyn und der Hausmeister kurz; beide versuchen am Computer, durch eine Neuverteilung der bisherigen Flüchtlinge die Neuankömmlinge unterzubringen. Bislang gelang dies hauptsächlich dank des Wohnraums in kommunalem Eigentum; doch inzwischen mietet die Gemeinde auch Wohnungen an. Dabei, sagt Schmidt, lege man Wert darauf, die Flüchtlinge zwar nicht an einem Ort zu konzentrieren, aber doch zentrumsnah unterzubringen. "Das ermöglicht eine gute Integration."

Karin Masolyn kennt "ihre" Flüchtlinge fast alle persönlich mit Namen und oft auch mit ihrer persönlichen Vorgeschichte. "Das entwickelt sich so", sagt sie und meint zum Beispiel Gelegenheiten wie das Treffen am ersten Donnerstag im Monat bei den Pfadfindern von St. Georg, zu dem viele zusammenkommen. Hier stoßen sie auf andere Sonsbecker Bürger und können alle miteinander ins Gespräch kommen. Karin Masolyn: "Bei den Treffen erhalte ich viele Informationen, die meine Arbeit erleichtern. Wir respektieren uns und haben ein tolles Miteinander."

Kontakt für Sachspenden: Karin Masolyn unter der Telefonnummer 02838 36152 oder Hans-Jörg Giesen unter 02838 6150.

(pek)
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