Xanten Die tuckernde Stadt-Führung

Xanten · Stunde um Stunde rollt der Nibelungen-Express durch den Ort. Ralf Graumann hat seine Touristen-Bahnen inzwischen aufgerüstet: bequeme Sitze, Vollverglasung und VW-Busse als Zugmaschinen.

 Der Nibelungen-Express gehört inzwischen zum Xantener Stadtbild. 92 Gäste können inzwischen mitfahren. Und deren Zahl wächst ständig.

Der Nibelungen-Express gehört inzwischen zum Xantener Stadtbild. 92 Gäste können inzwischen mitfahren. Und deren Zahl wächst ständig.

Foto: Olaf Ostermann

Die Turmuhr schlägt mal wieder zur vollen Stunde. Zeit für Ralf Graumann, die Türen zu kontrollieren, sich hinters Steuer zu setzen und langsam loszutuckern. Seit acht Jahren kurvt er mit seinem Nibelungen-Express durch die Kernstadt. Abfahrt am Mitteltor, dann entlang des Westwalls, Poststraße rüber zum Archäologischen Park und über den Lüttinger Hafen zurück durch die Fußgängerzone.

Ursprünglich lenkte er seine Fahrgäste in einem leuchtend blau gehaltenen Zug zu den Sehenswürdigkeiten, doch nun hat er vom VW Käfer- auf ein VW Bus T3-Chassis auf- und umgerüstet. 112 PS treiben die Zugmaschine mit den beiden Anhängern an. Die Seitenfronten sind inzwischen komplett verglast, per GPS und Satellit sprudeln die Informationen über Xanten aus den Lautsprechern.

Der Nibelungen-Express gehört inzwischen zum Erscheinungsbild der Stadt. Anfang der 90er Jahre hatte es schon einmal ein solches Touristenangebot gegeben. Doch der damalige Betreiber aus Trier habe Probleme gehabt, wenn ein Mitarbeiter ausgefallen sei, und darum den Betrieb eingestellt, sagt Ralf Graumann. Der IT-Manager war, als er plötzlich arbeitslos wurde, auf die Marktlücke aufmerksam geworden und entschloss sich zur Selbstständigkeit. "Die Alternative in meinem Alter wäre irgendwann Hartz IV gewesen", sagt der heute 56-Jährige.

Graumann kaufte eine gebrauchte Bahn und fuhr zu Festveranstaltungen bis nach München. Bis er irgendwann den damaligen Leiter der Tourist Information, Peter Friese, auf der Touristenmesse in Rheinberg traf. Man kam ins Gespräch, am Ende beschloss er, seine Fahrdienste auf Dauer in Xanten anzubieten.

Die beiden jüngsten Erwerbungen in Grün und Rot waren nicht billig; ab Werk kosten sie ab 250 000 Euro aufwärts. Graumann entschied sich für gebrauchte Fahrzeuge und investierte noch einmal gehörig in neue Achsen, Bremsen und Lackierung. Der Motor wurde überholt. Dafür kann Graumann nun bedeutend mehr Fahrgäste transportieren. "Angefangen habe ich mit 24 Sitzplätzen. Jetzt sind es 92."

Die erweitere Kapazität kann sich auf Dauer auszahlen; der Umsatz ist gestiegen. "Meine Fahrgäste haben mehr Komfort als früher", sagt Ralf Graumann und verweist dabei auf die Vollverglasung und bequemeres Sitzen. Und: "Es fahren auch viele Xantener mit", freut er sich. Die Fahrsaison reicht etwa von Anfang April - frühestens eine Woche vor Ostern - bis Ende Oktober. Für Sonderfahrten steht er auch außerhalb dieser Zeit zur Verfügung.

Zur letzten Abfahrt an diesem Tag, erneut zur vollen Stunde, haben sich wieder rund 20 Menschen am Mitteltor eingefunden. "Haben Sie eine Kurkarte?" fragt der 56-Jährige. Denn dann sinkt die Fahrkarte für Erwachsene um einen auf fünf Euro. Pünktlich startet er den Anlasser, schaltet schnell hoch bis in den dritten Gang, tuckelt gemütlich auf den Straßen. Rechts stehe das Pesthäuschen, erzählt die Männerstimme vom Band auf der Poststraße.

Ralf Graumann greift selbst zum grünen Mikro und ergänzt: Es sei jedoch zweifelhaft, ob jemals dort Kranke gepflegt worden seien. Höchstwahrscheinlich handele es sich um ein früheres Gartenhaus.

Gerne würde der 56-Jährige die Bahnen mit einem Elektroantrieb ausstatten. Doch dann wären weitere 70 000 Euro fällig, davon knapp die Hälfte für ein TÜV-Gutachten. Einen Sponsor habe er noch nicht gefunden, bedauert er. "Sonst würde eine Bahn schon damit fahren."

(pek)
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