Unsere Woche Ein Parteitag ohne Politik - eine vertane Chance

Xanten · Die SPD Rheinberg hat eine neue Führung gewählt. Das war's auch schon. Inhalte kamen praktisch nicht vor.

Unsere Woche: Ein Parteitag ohne Politik - eine vertane Chance
Foto: Fischer, Armin (arfi)

Mit Verlaub: Das Prickelndste an der Hauptversammlung des SPD-Ortsvereins Rheinberg war das Brausepulver in den Tütchen auf den Tischen im Saal Kleve des schmucken Hotels Am Fischmarkt. Die Genossen ergingen sich vornehmlich in zähen Wahlformalien. Die sind - klar doch - rechtlich vorgegeben. Aber dass ein Parteitag sich darin ergeht und komplett auf politische Inhalte verzichtet, ist zumindest eine vertane Chance.

Eine Chance, die Aufmerksamkeit zu nutzen, das Profil als Partei zu schärfen, als wichtiger politischer Faktor in der Stadt wahrgenommen zu werden, der was zu sagen hat. Doch da kam nichts: Kein Wort zur Wahlniederlage von SPD-Kandidatin Rosi Kaltenbach, die verhindert war. Das Schweigen - es blieb beim Dank des scheidenden Vorsitzenden Jürgen Madry ans unermüdliche Wahlkampfteam - mag verständlich sein. Aber auch eine Bewertung des Starts des neuen Chefs im Rathaus, Frank Tatzel, blieb aus. Kein Wort zum schwelenden Streit um die Awo-Pläne am Pulverturm, nichts - Politik war kein Thema.

Da ist das "sozialistische Abstimmungsverhalten" bei den Vorstandswahlen weniger ein erfreuliches Zeichen von innerparteilicher Harmonie als ein Ausdruck des Mangels an personellen Alternativen. Denn Streit um die künftige Ausrichtung der Partei wäre durchaus ein belebendes Element für eine ergrauende Partei.

Da war's fast aufflammender Lebenswille, als ein Alt-Genosse den Vorschlag des Vorstandes, die dahindümpelnden "Distrikte" als Untergliederungen in den Ortsteilen aufzulösen, als "Handstreich" empfand. Die hätten längst "ihr Leben verloren" stellte ein anderer Alt-Genosse mit einem Anflug von Bedauern fest. Sie bleiben erhalten.

Die Gefahr, dass die Partei als Ganze auf diesem Weg sein könnte, hat Peter Tullius, der Neue an der Spitze, erkannt und mit Juso Manuel Kumpf den Nachwuchs in die Verantwortung genommen. Dass allein aber dürfte kaum ausreichen, junge Leute für Politik zu begeistern. Da braucht es welche, die das Feuer in sich tragen, um ansteckend zu sein. Die SPD sollte sich nicht damit trösten, dass andere Volksparteien - nicht nur in Rheinberg - vergleichbare Probleme haben. bp

(RP)
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