Stefan Krämer Enni bewirbt sich um Sonsbecks Gasnetz

Xanten · Versorgungsunternehmen setzt weiter auf den Niederrhein. Gewerbekunden an 76 Kilometer langes Glasfasernetz anbinden.

Niederrhein Stefan Krämer, Geschäftsführer der Enni Energie und Umwelt, sieht Stadtwerke vor großen Aufgaben. Im Zeitalter der Energiewende und der gesellschaftlichen Veränderungen wird der Spagat zwischen Unternehmenserfolg, Versorgungssicherheit und bezahlbarer Energie für ihn zur Herausforderung.

Zuletzt hat der Bundesrechnungshof den Finger in die Wunde gelegt und den Energieminister aufgefordert, die Kosten und die Sicherheit der Energieversorgung nicht aus den Augen zu verlieren. Wie sehen Sie die Situation für ihre Branche?

Stefan Krämer Die Energiewende ist richtig und bietet Stadtwerken Chancen. Die bleiben vielerorts noch ungenutzt. Aber: Der Umbruch ist enorm. Gas- und Kohlekraftwerke sind heute meist unwirtschaftlich. Die gesetzliche Regulierungswut macht das Netzgeschäft unsicher und weniger rentabel. Vertriebe stehen zudem im extremen Preiskampf. Nicht zuletzt sinken durch den Bevölkerungsrückgang in den Städten unserer Region, den Klimawandel und das Einsparverhalten der Kunden die Absatzzahlen. All das stellt viele Stadtwerke heute vor erhebliche Ergebnisprobleme.

Was heißt das für Enni?

Krämer Um erfolgreich zu bleiben, müssen wir uns stets neu erfinden. Das klassische Energiegeschäft bietet keinen Bestandsschutz. Wir wollen den Unternehmenswert steigern und Arbeitsplätze vor Ort erhalten. Unser Kurs: Kostenstrukturen im Auge haben und mit neuen Aktivitäten wachsen. Für uns heißt das, mit kontrolliertem Risiko Neues wagen - auch wenn mal etwas schiefgeht. Mit dieser Strategie haben wir uns schon viele neue Aufgaben erschlossen.

...die da wären?

Krämer Wir haben uns sukzessive herangetastet, zunächst außerhalb von Moers mit dem Energievertrieb und dem Netzbetrieb das angeboten, was wir seit Jahrzehnten beherrschen. Schnell haben wir am Niederrhein tausende Strom- und Gaskunden gewonnen und sind im Vertrieb mittlerweile bundesweit erfolgreich. Allein 2016 kamen über 7000 neue Kunden dazu. Gut für unser Selbstbewusstsein: Bei der Ausschreibung der Konzession für das Gasnetz in Rheinberg haben wir uns gegen starke Konkurrenz durchgesetzt und werfen deswegen gerade auch in Sonsbeck und Uedem unseren Hut in den Ring. Eine gute Figur machen wir auch als Dienstleister, etwa in der Energiebeschaffung für die Stadtwerke Dinslaken oder für die NWX in Xanten. Auch im Stammgebiet landeten wir Big Points: In Neukirchen-Vluyn haben wir die Wärmeversorgung von RWE übernommen, in Moers ein neues Baugebiet entwickelt und vermarktet.

Und dazu gab es neue Wege im klassischen Energiegeschäft.

Krämer Parallel haben wir ganz neu gedacht: Anders als vor zehn Jahren sind wir heute Energieproduzent mit Beteiligungen an fossilen und Dutzenden regenerativen Kraftwerken. Zum Treiber der Energiewende am Niederrhein machen uns dabei ein Biomasse-Heizkraftwerk in Moers, der überregional beachtete Solarpark in Neukirchen-Vluyn und der Windpark in Moers-Repelen. Aktuell wächst ein neuer Windpark vor und auf der Bergehalde Kohlenhuck. Auf diese Leuchtturmprojekte sind wir stolz.

Was hat der Niederrhein davon?

Krämer Neben dem ökologischen Wert spiegeln sich die Aktivitäten auch in Zahlen wider. Seit 2003 haben wir Umsatzerlöse mit nun 180 Millionen Euro mehr als verdoppelt, zuletzt ein Ergebnis vor Steuern von knapp 18 Millionen Euro erzielt. Unsere Aufträge bringen der hiesigen Wirtschaft jährlich über zehn Millionen Euro, wir sichern hunderte Arbeitsplätze und ermöglichen attraktive Events. Auch für 2016 rechne ich mit sehr guten Zahlen.

Die gute Entwicklung geht also weiter?

Krämer Ein Selbstläufer ist sie nicht. Die Veränderung in der Energiebranche beschleunigt sich. Die Energiewelt wird immer grüner, dezentraler und digitaler. Darauf stellen wir uns ein und wollen innovative Geschäftsmodelle entwickeln. Es gibt Ideen und ganz konkrete Pläne - etwa was den Glasfaserausbau betrifft. Wenig bekannt: Enni betreibt seit mehr als zehn Jahren ein eigenes Telekommunikationsnetz und vermietet dies an Großkunden. Mittlerweile haben wir ein wachsendes, bereits 76 Kilometer langes Glasfasernetz. Dies nutzen wir nun auch, um Gewerbebetrieben Telekommunikationsangebote zu machen. Das macht uns zum Telekommunikationsanbieter. Kundenprozesse werden wir zudem immer weiter digitalisieren, bauen gerade ein Kundenportal auf. Und auch die Energiewende werden wir weiter beflügeln, mit einer Beteiligung an einem Windpark vor Borkum auf hoher See und als Fortschrittsmotor für mehr E-Mobilität am Niederrhein.

DAS INTERVIEW FÜHRTE DIRK MÖWIUS.

(RP)
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