Xanten Erben fordern Xanten-Gemälde zurück

Xanten · Für 16 100 Mark hatte der Dombauverein 1963 ein Bild ersteigert – nicht ahnend, dass es von Jan van der Heyden stammt. Nun haben die Erben jüdischer Eheleute in Wien ihren Anspruch auf das Werk angemeldet.

Es ist zweifellos ein schönes, ein ansprechendes Gemälde, ebenso schön barock gerahmt, das eher unauffällig zunächst eine Wand in der Geschäftsstelle und anschließend im Rokoko-Saal des Dombauvereins in der Immunität zierte. Es zeigt eine Straßenansicht mit den Domtürmen Xantens im Hintergrund. Herkunft und Bedeutung des Gemäldes aber lagen bisher eher im Dunkeln. Jetzt melden Erben jüdischer Eheleute in Wien auf der Basis eines 100 Seiten starken Gutachtens und mit großem Nachdruck den Anspruch auf das Werk an. Sie fordern die Herausgabe des Werks aus dem 17. Jahrhundert. Der Schöpfer ist nämlich kein Geringerer als der berühmte Maler und Erfinder Jan van der Heyden (1637-1712), dem bei der Pinselführung vermutlich auch einige seiner Schüler mit zur Hand gingen.

Aufgeschreckt durch die Londoner Forderung ging Dombau-Verein-Vorsitzender Hans-Wilhelm Barking, der hierin "eine unangenehme Situation für uns" sah, der Sache auf den Grund und konnte einiges Licht in die Geschichte bringen. Gleichzeitig hieß es, nun Vorsicht walten zu lassen.

Nach einer Fotografie, die in der Versammlung des Vereins gezeigt wurde, hatte Barking umgehend für eine sichere Deponierung des Kunstwerkes gesorgt. "Was, wenn das Bild einen Millionenwert darstellt?"

Die "Commission for Looted Art in Europe" mit Sitz in London, ein großes Netzwerk, das über Register, Sammlungen und Museen ständige Nachforschungen zur "Raubkunst" anstellt und dabei besonders die während der Zeit des Nationalsozialismus durch die Nazis von Juden beschlagnahmten Objekte im Blick hat, hat den Verbleib des Bildes ausfindig gemacht. Möglich wurde dies durch Vermerke und Siegel auf der Bild-Rückseite, die auch fotografisch dokumentiert sind und belegen, dass das Bild mehrfach versteigert und verkauft wurde.

So ergaben die Recherchen ein letzte Versteigerung des Bildes durch das Auktionshaus Lempertz in Köln am 14. November 1963 – und zwar außerhalb des Katalogs, was in den Augen von Juristen "ein gewisses Geschmäckle" hat.

Den Einlieferer will Lempertz nicht nennen. Ersteigert wurde das Gemälde aber zweifelsfrei durch oder per Sponsoring für den Dombauverein Xanten und zwar "vermutlich unter Preis" für 16 100 Mark. Auch hierzu sind vom Auktionshaus keine Einzelheiten zu erfahren, und bis heute weiß niemand, wie das Bild denn überhaupt in den Besitz des Dombauvereins gelangt ist. "Uns, die wir selbst mit dem Dombauverein eine Kathedrale unterhalten, in der auch Märtyrer der Nazi-Zeit verehrt werden, macht dies alles großes Unbehagen", so der Dombauverein-Vorsitzende. Auf der Basis einer "Washingtoner Erklärung" hofft Barking nun, im Benehmen mit der dafür prädestinierten Koordinierungsstelle Magdeburg auf jeden Fall "eine faire und gerechte Lösung" zu finden. Der Dombauverein lässt sich umfassend beraten.

(TR)
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