Xanten Gefragt wie ein König: Beit Sahours neuer Bürgermeister Khair

Xanten · Jehad Khair hat in Bethlehem, Irland und Glasgow Gesundheitsmanagement studiert und in diesem Bereich verantwortlich an den sechs Ost-Jerusalem-Kliniken gearbeitet. Er ist verheiratet, hat vier Kinder und im Mai seinen Job geschmissen. Da war er gerade zum Bürgermeister von Beit Sahour gewählt worden. Der erste Mann im Rathaus von Xantens Partnerstadt ist mit 34 Jahren der jüngste Verwaltungschef in Palästina.

 Seine Entscheidungen sind gefragt: Jehad Khair.

Seine Entscheidungen sind gefragt: Jehad Khair.

Foto: Armin Fischer

Und damit, so wollten wir bei Khairs Aufenthalt Anfang des Monats in Xanten wissen, ist er auch eine Art König, wie die Weisen, die einst auf den Hirtenfeldern vor den Toren des heute 15.000 Einwohner zählenden Städtchens dem neugeborenen Heiland gehuldigt haben? Jehad Khair lacht und - nickt. Das gelte nicht für die Stadtverwaltung und Politik, fügt er sofort hinzu. "Aber unsere Mentalität macht aus einem Bürgermeister etwas ganz Besonderes." Jeder noch so kleine Zwist werde an ihn herangetragen. Da gebe es zwar ein Komitee, an das er solche Eingaben delegiere, letztendlich aber bestünden alle darauf, dass der Bürgermeister amtlich entscheide. So sei es immer gewesen.

Oberster Verwalter, oberster Repräsentant, Schiedsrichter - bleibt da noch Zeit für die Familie? Im Moment tatsächlich kaum, gesteht Jehad Khair. Aber erstens stehe hinter jedem erfolgreichen Mann eine weise Frau. Und zweitens sei er Bürgermeister in der Öffentlichkeit und sie die Bürgermeisterin zu Hause.

Der "öffentliche" Bürgermeister hat jedenfalls große Fünf-Jahres-Pläne, wenn es denn die restriktive Politik Israels, das ohnehin schon Wasser- und Elektrizitätspreise bestimmt, es für das Umland der Kernstadt erlaubt. Die Altstadt mit eigener Polizei und Selbstverwaltung jedenfalls müsse in vielen Bereichen restauriert werden. Straßendecken und der große Friedenspark müssten erneuert, die Gesundheitserziehung verstärkt, noch mehr für alte und junge Menschen getan werden. Dazu gehöre neben dem Ausbau der Solarenergie auch der Bau eines großen Einkaufszentrums, das aber "draußen vor der Stadt" errichtet werden müsse.

Trumps Rede über Israels Hauptstadt Jerusalem, die darauf folgenden Unruhen im West-Jordanland sowie die deshalb ausbleibenden Gäste dürften auch Beit Sahour betreffen, das neben der wichtigen Landwirtschaft im Wesentlichen vom Tourismus lebt - besonders in der Weihnachtszeit.

Xantens Vize-Bürgermeister Rainer Groß, der Jehad Khair bei seinem Aufenthalt in Xanten betreute, weiß von guten Hotels und Restaurants zu berichten. Und von vielen Ausländern, die die Hirtenfelder mit ihren Kirchen und uralten Grotten besuchen sowie in Massen Olivenholzschnitzereien kaufen. Nur: "Sie bleiben einen Tag und sind wieder weg", bedauert Khair. Einige der 20 Partnerstädte, darunter auch Xanten, helfen beim Aufbau eines Konzepts. Werben kann der Ort mit fünf Schulen, genügend Shisha Bars - die haben Khair und seine 14 Bürgermeisterkollegen beim Seminaraufenthalt am Rhein schmerzlich vermisst - und genug Sportmöglichkeiten. Der christliche Verein Junger Menschen zum Beispiel betreibt ein Hallenbad, und Jehad Khair trainiert in einem Verein Kung Fu mit dem dort beliebten Würgeholz Nunchau. Außerdem ist Beit Sahur die sicherste Stadt der Westbank mit so gut wie keiner Kriminalität. Und: 80 Prozent der Bewohner gehören einer christlichen Kirche an. Auch die Familie Khair. Der Bürgermeister: "Wir brauchen Unterstützung für die hiesigen Christen. Sonst ist das Heilige Land ohne Identität."

VON HEINZ KÜHNEN

(RP)
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