Xanten Im Einbaum auf Fischfang

Xanten · Schiffsbauer rekonstruieren im APX die Boote "Philemon" und "Baucis".

 Im Zelt der Schiffsbauer im Archäologischen Park Xanten werden zwei besondere Einbäumen zum Fischen nachgebaut. David Janßen arbeitet an dem Lebendfischbehälter.

Im Zelt der Schiffsbauer im Archäologischen Park Xanten werden zwei besondere Einbäumen zum Fischen nachgebaut. David Janßen arbeitet an dem Lebendfischbehälter.

Foto: Armin Fischer

Nachdem der Nachbau der römischen Prahm "Nehalennia" im Juni erfolgreich zu Wasser gelassen wurde, widmet sich Schiffsbaumeister Kees Sars mit seinem Team wieder einem neuen Projekt in der Werft am Römermuseum. Bis Oktober wird im Werftzelt die Rekonstruktion der beiden Einbäume "Philemon" und "Baucis" erarbeitet. Ein Blick in den Arbeitsalltag ist wochentags von 9 bis 16.30 Uhr möglich.

Neues erfahren auch jene Besucher, die schon den Bau der "Nehalennia" begleitet haben. "'Philemon' und 'Baucis' sind ganz andere Bootstypen. Einbäume waren wahre Alleskönner unter den Booten und konnten als Wasserfahrzeuge vielfältig eingesetzt werden", erklärte Sars. Als älteste Bootsform der Menschheit dienten die - dem Namen entsprechend - nur aus einem Baum gefertigten Boote dem Transport von Menschen und Waren sowie zum Fischen. Möglich ist es auch, dass sie als Beiboote von größeren Lastkähnen mitgezogen wurden. Die originalen Vorbilder von "Philemon" und "Baucis", so der Schiffsbaumeister, fanden aber voraussichtlich in der Fischerei Gebrauch.

Beide Rekonstruktionen basieren auf Funden aus dem niederländischen Zwammerdam, wo sich in römischer Zeit das Lager "Nigrum Pullum" am Rhein befunden hat. Ein Indiz für Sars Vermutung: Das Vorbild von "Philemon" weist an der Bugplanke ein Loch auf. "Das ist typisch für Fischereiboote in flachen Gewässern", sagte der Fachmann. "Durch das Loch haben die Fischer eine Stange gesteckt und wie einen Anker in den Flussboden gerammt. Damit kam das Boot zum Stehen und man konnte in Ruhe fischen", erläuterte er.

Während "Philemon" als gut zehn Meter langes "Mutterschiff" mit Setzbord, Spanten und Mast ausgestattet war, ist das knapp halb so große Pendant "Baucis" nach bisherigen Erkenntnissen ein umgebauter Einbaum, der wahrscheinlich als Behälter für lebende Fische mitgeschleppt worden ist. "Wenn ein Einbaum für die Fahrt zu alt oder rissig wurde, fand er als Fischbehälter eben einen neuen Zweck", bemerkte der Schiffsbaumeister. "Wir rekonstruieren also im Grunde ein Wrack", ergänzte er lachend. Für seine zweite Bestimmung wurde das ohnehin rissige Boot weiter durchlöchert und an der Vorderkante abgeschnitten. Zudem bekam es einen Deckel mit Luken und je einem Schloss. "Vermutlich waren die Fische mehrere Tage in den Behältern und man musste sich vor Dieben schützen", erklärte Sars. Wasserdicht musste die Konstruktion dagegen nicht mehr sein. "Gezogen von einem anderen Boot, schwebte der Behälter fortan im Wasser", verdeutlichte der Schiffbaumeister.

"Philemon" und "Baucis" verbindet übrigens eine Liebesgeschichte, die in Ovids Werk "Metamorphosen" erzählt wird. Demnach hat das alte, arme Ehepaar als einziges in einer großen Stadt dem als Mensch verkleideten Jupiter Gastfreundschaft erwiesen. Als Dank dafür hatten beide einen Wunsch frei. Tief in Liebe verbunden, wünschten sie sich, gemeinsam sterben zu dürfen, um niemals voneinander getrennt zu sein. Jupiter erfüllte den Wunsch und verwandelte am Ende ihres Lebens "Philemon" in eine Eiche, "Baucis" in eine Linde. So nebeneinander stehend, umfangen sie sich auf ewig mit ihren Ästen.

(beaw)
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