Xanten Kommunion inmitten der Kriegswirren

Xanten · Sieben Tage später fielen damals die Bomben. 70 Jahre später kommen die Teilnehmer im Dom wieder zusammen.

Nur eine Woche später warfen alliierte Flugzeuge ihre Bomben über der Stadt ab und legten sie in Schutt und Asche: Die Kommunionkinder des letzten Kriegsjahres 1945 hatten Glück, dass sie ihre Eucharistiefeier noch im Dom erleben konnten. Der damalige Propst Friedrich Köster hatte kurzerhand den Termin vorverlegt. 70 Jahre später, am kommenden Dienstag, 3. Februar dieses Jahres, sind die damaligen Kommunionkinder zu einem Gottesdienst im Dom eingeladen. Beginn ist um neun Uhr mit anschließendem gemütlichen Beisammensein in einem Café.

Helmut Sommer gehörte zu jenen Kindern, die am 4. Februar 1945 zur letzten Kriegskommunion im Dom gegangen waren. "Die Front rückte immer näher, so dass der Propst entschied, die Kinder nicht erst am Weißen Sonntag nach Ostern, sondern jetzt noch schnell zur Kommunion zu führen", erinnert sich der 79-Jährige heute. "Als wenn er geahnt hätte, dass der Dom bald darauf zerstört sein wird."

Ursprünglich hatte Propst Köster als Ausweichtermin den 11. Februar ins Auge gefasst, doch dann den Kommunionstag noch einmal um eine Woche nach vorne verlegt. "Die Sorge um ernstere Ereignisse in naher Zukunft hat mich veranlasst, schon jetzt mit dem Kommunionunterricht zu beginnen und den Tag der Erstkommunion auf den 4. Februar festzusetzen", schrieb er zum Jahreswechsel 1944/1945 in sein Tagebuch.

Trotz der Februarkälte trugen viele der 52 Jungs kurze Hosen, die langen Strümpfe vermochten die Beine nur unzureichend zu wärmen. Der Hunger nagte, denn damals galt das Nüchternheitsgebot: Vor einem Kommunionsempfang durfte nach Mitternacht nicht mehr gegessen werden. So erhielten viele Kinder noch kurz vor dem Glockenschlag um 24 Uhr ein Gänseei zu essen, damit sie im Dom nicht umfielen.

Die recht kurzfristige Vorverlegung des Termins brachte die Eltern bei der Kleiderfrage in zusätzlichen Zugzwang. "In aller Eile musste etwas zusammengesucht werden", beschreibt der gelernte Autoschlosser Sommer die Situation. "Mutter hat selbst noch etwas genäht. Es ging drunter und drüber." Andere Eltern liehen sich bei Verwandten und Bekannten einen Festanzug oder ein Festkleid.

Der Kommunionunterricht selbst war schon etwas strenger als es heute der Fall ist. Schwester Maria Germania versuchte im Domkeller mit Fleißkärtchen und Heiligenbildchen die Jungen und Mädchen zum eifrigen Lernen zu motivieren und sorgte dafür, dass zwei Jungen dem "Hochwürdigen Herrn Propst" ein Dankgedicht vortrugen.

Improvisationskunst war ebenfalls beim Festmahl mit Verwandten und Nachbarn gefragt. Wer konnte, ließ seine guten Beziehungen spielen, um den Speiseplan zu erweitern. So gelang es auch dem Vater von Helmut Sommer, bei einem Bauern Fleisch zu bekommen, im Keller lagerten die Kartoffeln und Produkte aus dem heimischen Garten. Dazu ein "dünnes Süppchen als Vorspeise", erläutert Sommer und hinterher Kuchen. "Es war nicht das üppige Festessen wie in Friedenszeiten", erinnert sich der 79-Jährige an jene schweren Zeiten. Aber für die damalige Zeit trotzdem ein Festmahl.

(pek)
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