Sonsbeck Länger am Schreibtisch als auf dem Trecker

Sonsbeck · Der Vorsitzende der Ortsbauernschaft Sonsbeck/Berg, Heinz-Josef Hensen, kritisiert die wachsende Bürokratisierung für die Bauern. Die Politik müsse konkrete Schritte beschließen, die Tendenz zu stoppen.

 Weil die Bürokratie Überhand nimmt, müssen Landwirte zusätzliche Kräfte einstellen, damit die Arbeit auf dem Hof nicht liegen bleibt.

Weil die Bürokratie Überhand nimmt, müssen Landwirte zusätzliche Kräfte einstellen, damit die Arbeit auf dem Hof nicht liegen bleibt.

Foto: Olaf Ostermann

Der Post im Briefkasten oder dem Hochfahren des Computers sieht Heinz-Josef Hensen immer mit gemischten Gefühlen entgegen. Allzu oft findet der Vorsitzende der Ortsbauernschaft Sonsbeck/Berg dort neue Richtlinien, Gesetze, Auflagen und Formulare wieder. Immer mehr gelte es zu beachten und auszufüllen, sagt er. "Für uns Landwirte hat die Bürokratie ein Ausmaß angenommen, das nicht mehr vertretbar ist", ärgert er sich. "Viele Daten werden sogar mehrfach abgefragt, weil die Einrichtungen nicht untereinander vernetzt sind. Wir sitzen fast mehr am Schreibtisch als auf dem Trecker."

Ganz so ist es zwar nicht, aber von zehn Stunden am Tag würde er im Schnitt drei bis vier Stunden im Büro verbringen, um sich durch den Papierwust durchzukämpfen, kritisiert der Landwirt. 40 Hektar Land bewirtschaftet der Sonsbecker, baut Kartoffeln und Getreide an und hat eine Schweinemast.

Brüssel, Berlin, Düsseldorf, Krankenkasse, Berufsgenossenschaft und andere haben einen schier unerschöpflichen Wissensdurst. Arzneimittel sind zu dokumentieren, die Bestandsbücher auf dem Laufenden zu halten, die Agrarstatistiken ständig zu aktualisieren.

Einmal im Jahr flattert Post von Global G.A.P. ins Haus, ein nach eigenen Worten weltweit führender Standard für die landwirtschaftliche Unternehmensführung. Die Abkürzung steht für Gute Agrarpraxis. "Dann muss ich über 300 Seiten durcharbeiten." Am Ende der Prüfung gibt es ein Zertfikat, damit Hensen seine Produkte weltweit verkaufen kann. Ohne könnte er noch nicht mal Kartoffeln außerhalb des Hofes anbieten.

Besonders ärgerlich seien Dopplungen. Der Tierbestand müsse beispielsweise bei der Tierseuchenkasse angegeben werden, aber auch beim Statistischen Landesamt und beim Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HIT). "Es ist nicht nur doppelt, sondern dreifach zu viel." Das alles kostet Landwirte nicht nur Zeit, sondern geht auch ans Portemonnaie. Manchmal müssen Anwälte oder andere Experten konsultiert werden. "Ohne Beratung sind die Auflagen gar nicht zu erfüllen", ärgert er sich. Hensen beziffert seine Ausgaben auf mehrere tausend Euro im Jahr. Und für seine Büroschicht müsse ein Landwirt vielfach eine zusätzliche Kraft einstellen, damit die Arbeit auf dem Hof nicht liegenbleibe. Das bedeutet zusätzliche Lohnkosten und theoretisch höhere Preise. Diese seien aber am Markt kaum durchzusetzen.

Hensen wehrt sich nicht grundsätzlich gegen Bürokratie, aber gegen ein Übermaß an Formularen und Regelungen. Die seien zum Teil unnötig. Der Sonsbecker fürchtet Wettbewerbsnachteile für die Branche gegenüber der europäischen Konkurrenz und vermisst Taten seitens der Politik. Obwohl die oft den Bürokratieabbau fordere, sei davon nichts zu spüren. Es fehle an konkreten Vorschlägen zur Vermeidung und zum Abbau.

(pek)
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