Xanten Lange Tradition: Die Billekerls der Victor'sse

Xanten · Ins Jahr 1714 sind die "Billekerls" datiert, die bei offiziellen Auftritten der St.- Victor-Bruderschaft Xanten stets an der Seite des Vorstandes sind. Am Wochenende wird der 300. Geburtstag gefeiert.

 Beim Festzug erkennen nur Eingeweihte, wer bei den Victor'sse die Billekerls sind. 2006 steckten "Billegirls" (von links: Margret Look, Ulla Ottemeier und Gaby Remy) unter den Helmen.

Beim Festzug erkennen nur Eingeweihte, wer bei den Victor'sse die Billekerls sind. 2006 steckten "Billegirls" (von links: Margret Look, Ulla Ottemeier und Gaby Remy) unter den Helmen.

Foto: privat

Ob das Geburtsjahr wirklich, wie der Historiker Dr. Holland kurz nach dem Zweiten Weltkrieg recherchiert hat, das Jahr 1714 gewesen ist? So ganz genau weiß man es nicht, da muss auch Vizekapitän Wolfgang Mehring passen. Was er dagegen genau weiß, ist, dass sich die Billekerls seit einigen Jahren aus dem Vorjahres-Thron rekrutieren, quasi von König(in) und Gefolge in ihr Amt gewählt werden. "Das geht da ganz demokratisch zu", versichert der Vizekapitän und schmunzelt.

Denn ein leichter Job ist das nicht: Zur Kluft gehören ein Helm, die Lederschürze, die Axt - und die Kutte, ein aus dichtem Stoff gewebtes braunes Gewand. "Wenn die unter diesen Kutten sitzen, dann wird es ganz schön warm", weiß Mehring vom Hörensagen. Das können Wolfgang Brünn, Lars Bullmann und Hermann van Treek bestimmt bestätigen: Sie sind die aktuellen Billekerls bei den Victor-Schützen, sind auch beim Landesbezirksschützenfest am vergangenen Sonntag in Veen mitmarschiert. Genau wie der kleine Victor, der stets dabei ist, wenn der Vorstand mit Thron und König irgendwo eingeladen ist. Kleiner Victor ist stets der Sohn eines Bruderschaftsmitgliedes - dieses Jahr ist es Jan-Robin Schibgilla, Sohn des ersten Vorsitzenden des Spielmannszuges.

Die Kutten, Helme, Schürzen und Beile (früher Hellebarden) werden nach jedem Schützenfest eingelagert, dafür sorgt Kapitän Peter Bullmann. Und was nicht passt, wird passend gemacht, sollte die Kutte mal zu weit oder zu groß sein.

Denn bei den Victor'sse herrscht Gleichberechtigung, da können auch Damen nicht nur auf den Königsvogel zielen - und schließlich auch Königin werden -, sondern sich als Billekerls ("Billegirls") verdingen. Und die sind in der Regel schmaler beziehungsweise kürzer als die Herren der Schöpfung.

Kutte an, Schürze drum, Helm auf: Fertig ist der mit einem Beil bewaffnete Kriegsknecht, der auch schon im Mittelalter durch die Lande zog. Vermutet jedenfalls der inzwischen verstorbene Dr. Engelskirchen. Denn vor 300 Jahren habe die St. Victor-Bruderschaft eine neue Fahne und als Geschenk "vier leddere Köllers" bekommen, möglicherweise Ersatz für die unansehnlich gewordenen Köller, die schon damals nur bei traditionellen Anlässen getragen worden seien, schreibt er in der Festschrift "700 Jahre Stadt Xanten". Im alten Rom hätten die Liktoren (Polizeisoldaten) Rutenbündel mit je einem Beil vor den höheren Staatsbeamten und Priestern hergetragen - "Zeichen der Macht über Leben und Tod: Die Ruten standen für die Prügelstrafe, das Beil für die Hinrichtung!"

Beides ist längst Vergangenheit, jetzt wird in die Zukunft geschaut. Zum Beispiel ins Jahr 2018, wenn die Victor'sse nicht nur ihr 625-jähriges Bestehen feiern, sondern erneut eine Großveranstaltung nach Xanten holen: Das Bundesfest 2018 wird am 15. und 16. September in der Römerstadt stattfinden.

Eine von Kapitän Peter Bullmann angeführte Abordnung hatte vor dem Präsidium des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften in Monheim die Bewerbung für das Bundesfest 2018 unterstrichen. Das Xantener Team hatte sich dort am Ende gegen den Mitbewerber Schloss Neuhaus durchgesetzt.

(RP)
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