Christian Strunk, Bürgermeister Der Stadt Xanten Mehr als Beruf: "Stadt war mein Leben"

Xanten · Zum Abschied blickt der Verwaltungschef auf seine Amtszeit zurück. Ein Gespräch über Erfolge und Enttäuschungen.

Xanten Nach drei Amtszeiten als hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Xanten scheidet Christian Strunk Ende Mai aus seinem Amt aus. Zum 1. Juni tritt er seine neue Stelle als Geschäftsführer der Hülskens Holding in Wesel an. Im Gespräch mit der Rheinischen Post blickt er auf seine Zeit als Verwaltungschef zurück.

Im Oktober haben Sie den Rückzug aus dem Amt angekündigt. Haben Sie diese Entscheidung mittlerweile schon bereut?

Christian Strunk Mitnichten. Ich freue mich trotz etwas schweren Herzens auf die Veränderung. Es ist schon ein großer Druck, der von mir abfällt. Und besonders freue mich auf eine andere Zeiteinteilung und freie Wochenenden.

Blicken wir zurück ins Jahr 1999. Als Sie Ihren Dienst im Rathaus antraten, entsprach das, was auf sie zukam, dem Bild, das Sie sich vorher von der Aufgabe gemacht hatten?

Strunk Es war anders, gar keine Frage. Es war enorm, was alles auf einen relativ jungen Menschen einstürzt, der zudem die ganzen Verästelungen noch nicht kennt. Es gab einen Punkt - nach ein oder zwei Jahren - wo ich nur noch dachte: Was hast du Dir da angetan? Das kenne ich aber von vielen Kollegen. Die Intensität und der Druck machen einem schwer zu schaffen. Ich habe dann geschafft, meine Einstellung zu ändern.

In welche Richtung?

Strunk Am Anfang will man für alle alles richtig und recht machen. Und bei Kritik ist man sehr empfindlich, ja verletzlich. Da gibt es einen bösen Leserbrief, und schon denkt man, die Welt geht unter. Aber daran geht man kaputt. Man muss versuchen, mehr Distanz aufzubauen. Zumal selbst die Familie in Haftung genommen wird. Das ist nicht leicht.

Sie sind später noch zweimal angetreten, also hat das wohl funktioniert?

Strunk Ich habe dann versucht, die Dinge verstärkt objektiviert zu betrachten. Meist findet man eine vernünftige Lösung. Und dann ist dieser Beruf faszinierend, gerade hier in Xanten. Es gibt unglaublich viele Facetten und Möglichkeiten.

Vermutlich könnten wir stundenlang über die einzelnen Themen sprechen. Versuchen Sie bitte, die fünf wichtigsten Themen und Entscheidungen Ihrer Amtszeit zu nennen.

Strunk Ich habe selbst mal die Akten durchgeblättert, das ist schon enorm. Wir haben vieles von dem, was wir uns vorgenommen haben - und dabei möchte ich die CDU ausdrücklich einbeziehen - umgesetzt. Womit fangen wir an? Die Nord-West-Umgehung war enorm wichtig, weil sie viele Entwicklungen wie das Römermuseum, die Erweiterung des APX und den neuen Eingang, erst möglich gemacht hat.

Gehen wir weiter.

Strunk Dann der Bau der Jugendherberge und die Erweiterung. Besonders wichtig war auch die Entwicklung jeder einzelnen Ortschaft. Sie müssen alle attraktiv bleiben, und wir haben nie nur auf die Stadt geblickt. Die Schulentwicklung bis hin zum Aufbau der Gesamtschule. Das gesamte Umfeld der Stadtentwicklung mit Marktplatz, Innenstadt, Bahnhofumfeld oder Karthaus. Dazu gehören auch das Stiftsmuseum und das Siegfriedmuseum. Mir war immer sehr wichtig, die Feuerwehr zu unterstützen und gut aufzustellen. Wir sind mittlere kreisangehörige Stadt geworden, was uns viel mehr Gestaltungsfreiheit gibt. Ja und am Ende wird Xanten jetzt Luftkurort.

Halten wir hier kurz ein. Wo es Erfolge gibt, dürfte es auch Enttäuschungen geben. Was war die größte?

Strunk Der politische Umgang und die unglaublichen persönlichen Angriffe. Das begann gleich am Anfang, ich wurde vom ersten Tag an nicht geschont. Der Tiefpunkt war dann die Strafanzeige des Landrats neben den vielen Dienstaufsichtsbeschwerden - die sich übrigens alle im Sande verlaufen haben. Wie soll man darauf reagieren? Ich habe diese Schläge förmlich gespürt, und es war ein stetiger Lernprozess, den besten Weg zu finden.

Kann man in diesem Beruf Freunde finden?

Strunk Freunde? Das ist schwierig. Ich sehe mich als Bürgermeister als Anwalt der Allgemeinheit, der Einzelinteressen nur soweit möglich berücksichtigen kann. Da eckt man mit vielen an. Und da wird einem leider auch wenig Verständnis entgegengebracht. Aber es gibt natürlich auch die schönen Erfahrungen, wenn Menschen sich freuen. Wichtig bleibt: Der einzelne Bürger hat nicht automatisch recht. Wichtig ist mir, dass die Allgemeinheit, wir alle zusammen, zu ihrem Recht kommt. Deshalb bin ich ein großer Fan der repräsentativen Demokratie.

Sie waren ja der erste hauptamtliche Bürgermeister in Xanten. Halten Sie die Zusammenführung der früheren Doppelspitze in ein Amt für richtig?

Strunk Absolut. Die Belastung ist größer, das Amt ist schwierig. Aber durch die Nähe zu den Menschen durch die repräsentativen Aufgaben ist man intensiver bei den Bürgern, als wenn man im Elfenbeinturm entscheidet. Und auch die engere Verzahnung mit der Politik ist wichtig und kann Vertrauen schaffen.

Was geben Sie ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg?

Strunk Die Stadtentwicklung bleibt die entscheidende Kernaufgabe. Wir haben alle Chancen. Man macht sich bei diesem Thema nicht immer beliebt, aber es ist wichtig für die Stadt. Ich würde mich freuen, wenn der Weg zu einem erfolgreichen Xanten fortgesetzt wird. Ansonsten gilt: fleißig und sparsam sein. Und man muss mit ganzem Herzen dabei sein. Die Stadt war mein Leben - dafür habe ich alles hinten angestellt.

DIRK MÖWIUS FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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