Xanten Mit dem Schwert bauten Römer ihre Muskeln auf

Xanten · Im APX stellte der Verein "Classis Augusta Germanica" den römischen Flotten-Alltag nach.

 Joachim Lommen greift zum Schein den siebenjährigen Luis an, der den Schild so grade mal festhalten kann.

Joachim Lommen greift zum Schein den siebenjährigen Luis an, der den Schild so grade mal festhalten kann.

Foto: Armin Fischer

Römer waren in der Antike nicht nur hoch zu Ross unterwegs oder schickten ihre Legionen auf Schlachtfelder, sie verfügten auch über eine eigene Flotte, mit der sie auf dem Rhein patrouillierend die Grenze zum benachbarten Germanien sicherten. Darauf machte am Pfingstwochenende der Verein "Classis Augusta Germanica" im archäologischen Park Xanten aufmerksam. In einem Zeltlager stellten die Hobbyrömer das Leben der Marinesoldaten an Land dar. "Einer von drei großen Flottenstützpunkten befand sich in Colonia Claudia Ara Agrippinensium, dem heutigen Köln. Aus dem kommen wir", berichtet Guido Bertram, in diesen Tagen als "Gaius Crassus" unterwegs. Auf den Nachbau eines römischen Schiffes verzichtet der Verein, es ließe sich kaum transportieren. Aber auch so gelingt eine realistische Darstellung des täglichen Lebens in der römischen Flotte. "Das Einzugsgebiet der Flotte reichte von der Mosel bis zur Nordsee. Weil an Bord keine Schlafmöglichkeiten vorhanden waren, wurden Lager an Land errichtet", erläutert Bertram, der sein Hobby "experimentelle Archäologie" nennt.

Weil römische Soldaten zumeist einen Beruf erlernt haben, bevor sie sich der Legion anschlossen, glich ein solches Lager nicht selten einem Handwerkermarkt. So hängt am Zelt von Joachim Lommen ein Schild mit der Aufschrift "Loricarius", darunter befindet sich jede Menge Eisen. "Ich bin der Rüstungsmacher, repariere Kettenhemden oder Schuppen- und Plattpanzer", sagt der Gocher. Mit weniger militanten Gegenständen beschäftigt sich Hans Koenen, auch wenn der Bergmann im Ruhestand gerne mal den Löffel abgibt: "In den Lagern gab es keine Küchen wegen der Brandgefahr, also aßen die Leute Suppen und Brei. Die Löffel dafür stelle ich her." Das Holz hat er sich aus einem alten Bauernhaus besorgt, daraus schnitzt er auch Schwerter und Schilde. "Diese Holzimitate waren doppelt so schwer wie die echten Schwerter, sie dienten während der Ausbildung dem Muskelaufbau", sagt Koenen.

Sogar eine medizinische Abteilung findet man in dem Flottenlager. Zu der Ausstattung der damaligen Mediziner gehörten neben Skalpellen und Knochensägen auch die Starstechnadeln. "Es gab damals Augenärzte, die mit dieser Nadel den grauen Star in die Pupille zurückgedrückt haben", erzählt Peter Urbanniak, der sogar antike Vorgänger heutiger Kaugummis in seinem Angebot hat. Dabei handelt es sich um Weihrauchklumpen, die zur Zahnhygiene gekaut wurden.

(erko)
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