Zum Sonntag Mit großer Offenheit und langem Atem

Xanten · Der Bischof von Magdeburg, Gerhard Feige, sprach auf der Caritas-Delegiertenversammlung davon, dass Christen "eine große Offenheit und einen langen Atem" brauchen. Er nahm hierbei Menschen in den Blick, die in den östlichen Bundesländern dem Religiösen allgemein oft distanziert gegenüberstehen und deren Lebenshaltung von einigen mit "gottlos glücklich" beschrieben wird (vgl. "http://www.katholisch.de"). Doch dies ist kein ostdeutsches Phänomen. Ein Beispiel: Wir nehmen uns immer weniger Zeit für die Muße - mit oder ohne Gottesdienst. Immer mehr Zeit und Möglichkeiten nutzen wir zum Einkaufen, Wäschewaschen, um an Haus und Hof zu schaffen, auch und besonders an Sonn- und Feiertagen. Wir verlernen dabei, uns aus der Leistungsspirale herauszunehmen. Oftmals merken wir gar nicht, wie wir selbst das Hamsterrad so noch weiter antreiben. Feste freie Zeiten der Ruhe und der Gemeinschaft (mit der Familie, mit Freunden und auch mit Gott) werden zur Verfügungsmasse des wirtschaftlichen Denkens: Einzig die Wirtschaftlichkeit dessen, was wir schaffen wollen (oder auch sollen), bestimmt immer wieder unser Tun. So hebeln wir selbst die Errungenschaften der katholisch-christlichen Soziallehre aus. In diesem Fall das Solidaritätsprinzip, indem wir uns selbst die Zeit und die Kraft für ein Engagement für gemeinsame Ziele und Zwecke rauben. Für den materiellen Reichtum geben wir vielfach ein Erleben von Gemeinschaft, Vertrautheit und Zufriedenheit auf. Macht dies wirklich glücklich? Mich persönlich nicht - und ich habe den Eindruck viele andere auch nicht. Die selbst gemachte Fassade täuscht also. Früher oder später wird die Ent-täuschung folgen.

Doch wie können Perspektiven aussehen? - Eigentlich ist jeder Mensch von der Sehnsucht nach einem gelungenen und erfüllten Leben erfüllt. Diesen Sehnsüchten nachzugehen, wäre ein erster Schritt. In den Gemeinden begegnet uns dies z. B., wenn der Wunsch nach religiösen Zeichen an Wendepunkten im Leben des einzelnen geäußert wird. Es gibt also eine Sehnsucht nach dem Mehr, das ich mir bei aller Anstrengung selbst nicht machen kann. Dem sollte jeder Raum und Zeit geben, sowie mit Offenheit und langem Atem begegnen.

Das ist sicher auch die Aufgabe von christlichen Gemeinden und von Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Einer von ihnen ist Diakon Karl-Heinz Hügen am Annaberg (siehe Porträt oben). Seit nunmehr 40 Jahren ist er in der Gemeinde unterwegs. Er hat stets ein offenes Ohr für die Sorgen und Freuden der Menschen und tat dies bislang - auch über seine Emeritierung hinaus - mit großer Offenheit und mit langem Atem, erkennbar gerne. Er gibt so jedem ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt sich für seine Mitmenschen einzusetzen und seiner Sehnsucht, seiner Berufung zu folgen.

Am Sonntag um 11 Uhr in der Anna-Kirche wird mit ihm Gott gedankt für seinen Dienst als Diakon. Ihm persönlich können dann alle beim anschließenden Empfang im benachbarten Pfarrheim begegnen.

WERNER KOSCHINSKI IST PASTORALREFERENT IN DER KATHOLISCHEN KIRCHENGEMEINDE ST. PETER IN RHEINBERG.

(RP)
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