Xanten Nach langer Odyssee ist eine syrische Familie wieder vereint

Xanten · Rezan Ahmed, seine Frau Hanifa und die drei Kinder leben jetzt in Lüttingen. Als anerkannter Flüchtling auf ist er Arbeitssuche.

 Die Familie Ahmed schmückt den Tannenbaum.

Die Familie Ahmed schmückt den Tannenbaum.

Foto: ostermann

Nur einige Kilometer Luftlinie lebt Rezan Ahmed von München entfernt, als nach Wochen der Trennung auch seine Familie in Deutschland eintrifft. Er in einem Lager im Landkreis Dachau, Ehefrau Hanifa mit den drei kleinen Kindern in der bayerischen Landeshauptstadt. Fast ein Katzensprung. Doch es geht noch mehr als ein Jahr ins Land, bis die Flüchtlingsfamilie wieder vereint ist.

Dazwischen liegt eine Odyssee durch deutsche Flüchtlingsheime für die Syrerin und ihre beiden Jungs Yussuf und Mohamed (8 und 7) sowie der zweijährigen Merve. Von Bayern über Mönchengladbach nach Wesel und zuletzt nach Xanten, wo sie eine kleine Wohnung in Lüttingen beziehen. Vater Rezan muss noch lange in Süddeutschland ausharren, ehe er die Erlaubnis erhält, zu seiner Familie an den Niederrhein nachzuziehen.

Vor drei Jahren war die syrische Familie vor dem Bürgerkrieg aus ihrem Heimatland geflohen. Zu Fuß ging es in Richtung Türkei, als Gepäck nicht viel mehr dabei als ein wenig Kleidung und einen Teekessel. Nach dem Grenzübertritt dauerte es noch 24 Stunden mit dem Bus, ehe die Familie bei Verwandten im türkischen Izmir unterkam.

Das Leben der Familie normalisierte sich allmählich, Rezan fand Arbeit, Tochter Merve wurde geboren, und er gab die Hoffnung nicht auf, eines Tages zurückkehren zu können in die Heimat. Eine Hoffnung, die trog. Der Bürgerkrieg zog sich in die Länge und wurde zunehmend schlimmer. Stattdessen begab sich die Familie getrennt auf die abenteuerliche Flucht quer durch Südosteuropa bis nach Deutschland.

1200 Euro pro Person zogen ihm die Schlepperbanden aus der Tasche. Für einen Platz in einem kleinen, sechs Meter langen und überbesetzten Schlauchboot, das ihn mit über 30 weiteren Flüchtlingen von der Türkei übers Meer nach Griechenland bringen sollte. "Es war in einem sehr schlechten Zustand", sagt der 34-Jährige.

Wochen später standen Hanifa und die drei kleinen Kinder vor der gleichen Situation. Sie bekam nur eine Rettungsweste für alle. Empört stieg sie mit den Kindern aus dem Boot aus und wartete auf eine andere Gelegenheit. Fünf Stunden trieb das nächste Boot, vollgestopft mit Menschen, auf den Wellen. Der Motor streikte. "Ich hatte Angst zu ertrinken", erzählt die Mutter, ehe sie am griechischen Ufer strandeten. Mazedonien, Serbien, Kroatien, Ungarn, Österreich und dann der Grenzübertritt nach Deutschland.

Nach München, Mönchengladbach und 37 Tagen in einem Auffanglager in Wesel wurde Hanifa mit den Kindern nach Xanten verlegt. Vorübergehend lebte sie im ehemaligen Förderzentrum, dann erhielt sie eine Wohnung in Lüttingen. Der Ehemann aber konnte Dachau nicht verlassen, durfte nur zwischendurch mal ein paar Tage seine Familie am Niederrhein besuchen.

Nun sind die Formalitäten erledigt, die Fingerabdrücke registriert, die Interviews in einer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge absolviert. Das ersehnte Formular liegt vor: Rezan Ahmed ist als Flüchtling anerkannt - wichtige Voraussetzung, sich in Deutschland freier bewegen zu können.

Diese Freiheit führte ihn als erstes und nach einem Jahr der Trennung auf Dauer nach Xanten. Die Familie sind zwar Moslems, aber Weihnachten möchten sie dennoch mitfeiern. Einen Tannenbaum haben sie in der Wohnung aufgestellt. Für die Kleinen gibt es Geschenke. Dazu jede Menge zu essen, wie es sich gehört. Aber kein Braten mit Soße, sondern Salat, Suppe, Obst und nach syrischer Sitte viel Gesüßtes.

Wie geht es weiter? Die Jungs gehen in die Lüttinger Grundschule, die kleine Merve kommt nächstes Jahr in den Kindergarten. "Die Kinder haben gut Fuß gefasst", sagt die Mutter und erzählt von der Teilnahme am St.-Martins-Zug mit selbst gebastelten Laternen.

Rezan Ahmed hofft, Arbeit zu finden, am liebsten auf dem Bau, im Garten- oder Betonbau. Das heißt für ihn: Klinken putzen und überall vorstellig werden. Jetzt nimmt er erst mal an einem Kurs teil, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Seine Ehefrau möchte wieder als Näherin arbeiten. Eine etwas größere Wohnung wäre schön. Bei der Miete hilft die Agentur für Arbeit.

(pek)
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