Sonsbeck Ohne Nachfolge: Familienbetrieb schließt

Sonsbeck · Joachim und Irma Grünewald müssen ihre Gärtnerei in Sonsbeck und den angrenzenden Bauernhof verlassen.

 Joachim Grunewald muss seine Gärtnerei nach dem Tod der Tochter verkaufen.

Joachim Grunewald muss seine Gärtnerei nach dem Tod der Tochter verkaufen.

Foto: Christoph Reichwein

Der Valentinstag am 14. Februar war für ihn "der traurigste Tag, den ich je erlebt habe": An diesem Tag sind Joachim (86) und Irma (90) Grünewald umgezogen, in eine altengerechte 62-Quadratmeter-Wohnung im Haus an der Ley mitten in Sonsbeck. Die Wohnung ist schön, keine Frage. Ein trauriger Tag war es für das Ehepaar deshalb, weil die beiden 40 Jahre lang an der Kevelaerer Straße 79 gelebt und gearbeitet haben - in einem 130 Quadratmeter großen Bauernhof, den sie sich schön umgebaut haben und zu dem auch ein zwei Hektar großes Grundstück gehört, auf dem sie sich sukzessive erst ein Treibhaus, dann ein weiteres bauten - "immer dann, wenn wir wieder Geld gespart hatten", erzählt Joachim Grünewald. Jetzt muss er die Gärtnerei verkaufen: Die einzige Tochter, die immer schon in der Gärtnerei mitgearbeitet hatte und der sie vor gut 20 Jahren alles überschrieben hatten, ist am 1. Mai gestorben. Enkel, die den Betrieb übernehmen könnten, haben die beiden nicht.

Joachim Grünewald ist in Quedlinburg im Harz aufgewachsen, musste seine Heimat, die ehemalige DDR, 1953 "aus politischen Gründen" verlassen. Ein Jahr nachdem er 'rübergemacht und in Duisburg im Bergbau eine Stelle gefunden hatte, holte er seine Frau und die damals einjährige Tochter nach. "Wie ich auf dem Pütt aufgehört hab', habe ich auf dem Markt immer Blumen verkauft", sagt der 85-Jährige. Mit nichts hätten sie angefangen. "Ich hatte 270 Mark in der Tasche, davon habe ich Schnittblumen gekauft und wieder verkauft." So sei es immer weitergegangen, bis vor 40 Jahren genug Geld da war, um mit staatlicher Hilfe den Hof an der Kevelaerer Straße 79 zu kaufen.

"Der Hof war ordentlich runtergekommen, die Scheune eingefallen, das Wohnhaus kaputt", erinnert sich Joachim Grünewald. Langsam habe er mit seiner Frau alles wieder aufgebaut - zu einer Gärtnerei. "Wir haben hauptsächlich Beet- und Balkonpflanzen gezogen. Petunien, Geranien - die gingen am besten." Sträucher und Grabgestecke haben Joachim und Irma Grünewald en gros ausgeliefert, an die Flora, eine große Einkaufsgenossenschaft, verkauft. "Das war unser wichtigstes Standbein." Im Frühjahr wurden Gemüsepflanzen angebaut - "Salat und so'n Zeug halt". Im Herbst wurden winterharte Sommerblumen wie Flox, Rittersporn und Lupinen, und Eriken zugekauft. Manche Nacht hätten sie durchgearbeitet, noch mit 89 Jahren habe seine Frau Grabgestecke gebunden. Die Kalanchoe ist die Lieblingsblume von Irma Grünewald. Ihr Mann favorisiert die Diplodenia. "Da geht kein Kaninchen dran."

Gerne würde Grünewald seine Gärtnerei inklusive Bauernhaus, einem weiteren Wohnhaus (180 Quadratmeter), zwei Hektar Land, vier Garagen und Nebengebäuden an einen jungen Gärtnermeister verkaufen, der wie er damals mit Leib und Seele Gärtner ist. "Den würde ich auch gerne beraten. Und wenn er auf mich hört, würde der hier richtig Geld verdienen", ist Joachim Grünewald überzeugt. Genau wie davon, dass seine vielen Stammkunden sofort wieder auf der Matte stünden.

(jas)
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