Xanten Per Rad von Orsoy nach Wladiwostok

Xanten · Mehr als ein Jahr lang, 50 Kilo Gepäck und ein Fahrrad: Sascha Michels (35) hat sich aus purer Abenteuerlust auf den Weg vom Niederrhein in den Osten gemacht. Magische Orte und freundliche Menschen haben ihn für die Anstrengungen belohnt.

VON JÜRGEN SCHROER

ORSOY Als "Deutz Willi, der mit bürgerlichem Namen Wilfried Langner heißt, aus dem niedersächsischen Lauenförde mit seinem Trecker aufbrach, um 54 Tage später der Deutschen Lieblingsinsel Mallorca zu erreichen, da war sogar das Fernsehen mit dabei. Weit weniger spektakulär war der Aufbruch des Orsoyers Sascha Michels, als er sich auf im Herbst 2014 sein Fahrrad schwang, um kurz vor den Weihnachts-Feiertagen 2015 wieder putzmunter in dem kleinen Rheinstädtchen einzutreffen. Dazwischen lagen gut 20.000 Kilometer, die er abstrampelte. Als er sein Ziel mal genannt hatte, da machten doch etliche große Augen. "Ich will nach Wladiwostok", sagte der jetzt 35-Jährige ebenso kurz wie knapp.

Es gibt sicherlich bequemere Verkehrsmittel, um die Stadt an der russischen Pazifikküste zu erreichen. Aber Sascha Michels wollte es unbedingt mit dem Fahrrad schaffen. "Die pure Abenteuerlust hat mich nach Wladiwostok getrieben", gibt er heute eine einfache Antwort auf die Frage, warum er sich dies angetan hat. "Vielleicht schreibe ich mal ein Buch darüber, wie es mir ergangen ist", so der 35-Jährige.

Sonderlich viel trainiert hat Sascha Michels nicht. "Ich bin mal mit dem Fahrrad bis nach Kleve und wieder zurückgefahren, aber das war es dann auch schon," bekennt er. Ausgestattet mit einem Zweirad, das eigentlich in jedem Geschäft an der Ecke zu erwerben ist, dafür aber mit zusätzlich 50 Kilo Gepäck hat er sich aufgemacht. Frei nach dem Motto "Der Weg ist das Ziel" absolvierte der Orsoyer mal 30 Kilometer an einem Tag oder aber auch, wie in Ostasien einmal, 150 Kilometer. Wien, Istanbul, dann Städte im Iran waren die ersten Stationen seiner Reise. Mit dem Rad durch die türkische Metropole am Bosporus war eine der größten Herausforderungen seiner Reise. "Den Titel Fahrradfreundliche Stadt wird Istanbul so schnell nicht erhalten", sagt Michels und schmunzelnd. Die nächste Herausforderung wartete auf den Orsoyer im asiatischen Teil der Türkei. Dort ging's ostwärts, aber auch stetig bergauf. "Hier musste ich sogar einmal mein Rad schieben", bekennt er freimütig. Schnee und Wind waren im Gebirge weitere ständige Begleiter.

Angetan war er indes von der Gastfreundschaft der Iraner, die sich brennend für die bisherigen Erlebnisse des Mannes aus Germany interessierten. Per Flugzeug ging es dann nach Indien und weiter über Vietnam und China. Die Milionenstädte im Reich der Mitte hatten es dem Orsoyer angetan. "Da gab es neben den sechsspurigen Highways immer einen Radweg:" Das letzte Stück seiner Reise musste Sascha Michels noch einmal runter von seinem Zweirad. Per Fähre wurde das Endziel seiner Reise, Wladiwostok, angesteuert. Die einstmals verbotene Stadt am Pazifik, die heute über 600.000 Einwohner zählt, ist geprägt von - Japanern. Sie treiben mit den Russen schwungvollen Handel. Japanische Autos und Elektrogeräte finden sich an jeder Ecke und sorgen nebenbei für den Aufschung von Wladiwostok, was aus dem russischen übersetzt "Beherrsche den Osten" heißt.

Wladiwostok war und ist Endpunkt der transsibirischen Eisenbahn. In der "Holzklasse" und das Fahrrad gut verpackt ging es vom Zielort sechs Tage lang zurück nach Moskau. Am Kreml schwang sich Sascha Michels wieder in den Sattel Richtung Berlin. Irgendwo im polnischen Niemandsland hatte er die 20.000 Kilometer seit seiner Abreise von Orsoy voll. Von Berlin aus wurde seine Heimat allerdings mit dem Zug angesteuert.

Jetzt muss ich erst einmal wieder Geld verdienen", gibt Michels zur Anwort, als er auf weitere Pläne mit seinem Fahrrad angesprochen wird. Aber so ganz hat er Fahrradtouren nicht abgeschrieben. "Mich reizt irgendwann noch die Panamericana." Diese zieht sich von Alaska bis nach Feuerland in Amerika.

(RP)
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