Xanten Posse um Frevel, den man nicht sieht

Xanten · Familie Hoffacker-Angenendt aus Büderich sollte eine Geldbuße an die Stadt zahlen, weil sie Eckschutzschienen an ihrem denkmalgeschützten Haus einsetzte. Der Fall landete gestern vor Gericht und endete mit einer Einstellung.

 Dirk Hoffacker-Angenendt am Corpus Delicti: unter Putz und Farbe nicht zu sehende Eckschienen.

Dirk Hoffacker-Angenendt am Corpus Delicti: unter Putz und Farbe nicht zu sehende Eckschienen.

Foto: Ekkehart Malz

Falsch geparkt, zu schnell gefahren, den Hund nicht angeleint, keine Hausnummer am Eigenheim, im öffentlichen Raum die Notdurft verrichtet, Tauben gefüttert, im Teich des Stadtparks gebadet: All das sind Dinge, für die man mit guten Gründen zur Rechenschaft gezogen werden kann. Es geht ja um Sicherheit für jedermann und um die öffentliche Ordnung. Wie aber sieht es aus bei Verstößen, die auf dem Papier vielleicht als solche erklärbar sind, deren rechtmäßige Ahndung auch nicht infrage steht, aber deren Folgen offenkundig niemandem schaden? Schon allein deswegen nicht, weil man gar nichts sehen kann von der vermeintlichen Freveltat? So ein Fall landete jetzt in Wesel vorm Amtsgericht.

Tatort: Raiffeisenstraße in Büderich. Familie Hoffacker-Angenendt sollte eine Geldbuße an die Stadt zahlen, weil sie Eckschutzschienen an ihrem denkmalgeschützten Haus eingesetzt hat. Sie hatte sich der Zahlung zwar verweigert, traf aber wohl auf einen sehr verständnisvollen Richter. Denn der stellte das Verfahren ein. Dies hat die Leitung der Justizbehörde auf Anfrage der RP bestätigt.

Die Rheinische Post hatte bereits im Juli vergangenen Jahres den Fall Hoffacker-Angenendt aufgegriffen. Zum Hintergrund gehört das Wissen um die besondere Sensibilität in Büderich. Höchst umstritten war hier die in den 80ern in Kraft getretene Denkmalbereichssatzung. Heute gilt eine Gestaltungssatzung für das Polderdorf, dem eine architektonische und gestalterische Besonderheit zugrunde liegt: ein Generalplan.

Bekanntlich ließ Napoleon Alt-Büderich 1813 abreißen, weil das Dorf am Rhein seiner militärischen Strategie im Wege war. Als Büderich schließlich niedergekämpft war, planten die Preußen Neu-Büderich aus einem Guss, an anderer Stelle, einzigartig aufgeräumt und im Stile des Klassizismus. Was dem Gesamtbild guttut oder eben nicht, liefert immer wieder Stoff für kontroverse Diskussionen.

Im Fall der Familie Hoffacker-Angenendt ging es um Fassadenarbeiten am Haus Raiffeisenstraße 24, das zu den ersten zählt, die in Neu-Büderich gebaut wurden. Es ist als Einzeldenkmal eingetragen. Die denkmalrechtliche Erlaubnis für die Arbeiten wurde mit Vorgaben im Juni 2014 erteilt.

Unter den zu beachtenden Nebenbestimmungen heißt es: "Auf Anschlussprofile, Eckschutzschienen o. ä. ist zu verzichten", bekam die Familie im Bußgeldbescheid noch einmal mitgeteilt. Gefordert wurde für den Frevel eine Buße von 400 Euro plus 25 Euro Gebühren und 3,50 Euro für Auslagen.

Dirk Hoffacker-Angenendt wollte das nicht einsehen. Er verwies darauf, dass das Gerüst schon stand. Und als die Handwerker schließlich da waren und sagten, es ginge nicht ohne besagte Schienen, sonst gebe es keine Gewährleistung, wurde diese eingearbeitet. Es ging letztendlich um Schienchen mit 1,5 bis zwei Zentimeter Schenkellänge, die den frischen Putz im Fenster-Gewände halten. Unter dem und unter der amtlich abgesegneten Farbe sind diese Teile nicht zu sehen.

Die Stadt bewertet das Ganze anders. Wie die Fachbehörde erklärte, habe der Richter das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt, Hoffacker aber auf sein unrechtes Handeln hingewiesen. Die Einstellung des Verfahrens sei nicht ganz verständlich und das falsche Signal, heißt es im Rathaus. Man befürchte einen Präzedenzfall. Die Stadt habe sich mit der oberen Denkmalbehörde abgestimmt, die Wesels Auffassung teile und die Anordnung des Rückbaus empfohlen habe. Dies sei dem Weseler Amt dann aber doch nicht verhältnismäßig.

Hoffacker stellte nach dem Richterspruch fest, dass er in seinem Leben jedenfalls nichts mehr an dem alten Haus machen werde.

(RP)
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