Xanten Römischer Lastkahn diente als Fähre

Xanten · Beim Bau der "Nehalennia" entdeckten die Forscher, dass das Boot nicht für längere Strecken genutzt werden konnte.

 Am Modell erläuterte Archäologin Gabriele Schmidhuber-Aspöck die Arbeit an dem Lastkahn. Das Schiff war wohl als Fähre unterwegs.

Am Modell erläuterte Archäologin Gabriele Schmidhuber-Aspöck die Arbeit an dem Lastkahn. Das Schiff war wohl als Fähre unterwegs.

Foto: Olaf Ostermann

Es war das Großprojekt des Jahres im Archäologischen Park Xanten (APX): der Bau der "Nehalennia". Seit Frühjahr baut ein Team von Fachleuten in einem einzigartigen Live-Projekt das 1991 bei Auskiesungen in Wardt entdeckte römische Plattbodenschiff aus der Zeit um das Jahr 100 nach Christus nach. Unter dem Titel "Ein alter Lastkahn neu gebaut - die Nehalennia" stellte die Archäologin Gabriele Schmidhuber-Aspöck nun den Baufortschritt der Rekonstruktion sowie die neuesten, beim Bauprojekt gewonnen Erkenntnisse über das Transportschiff vor.

Inzwischen sind die baulichen Arbeiten an der nach der antiken Göttin "Nehalennia" benannten Rekonstruktion beendet. Alle Bodenplanken und Spanthölzer sind nach überlieferter Herstellungsart in Form gebracht und befestigt. Alle 2000 handgeschmiedeten Eisennägel sind eingeschlagen und auch die Steuerruder und Stakstangen bereits gebaut.

Lediglich die Abdichtung fehlt noch. "Zu dieser Jahreszeit ist es allerdings zu feucht im Zelt, als dass wir die Abdichtung vornehmen könnten. Das haben wir vorab selbst nicht erwartet", bemerkte Projektleiterin Schmidhuber-Aspöck. Nur eine Erkenntnis über den gallo-römischen Schiffsbau, die während des Selbstversuchs gewonnen wurde.

Eine weitere Entdeckung war, dass der römische Lastkahn nicht, wie vorher vermutet, zum Warentransport über längere Strecken genutzt wurde, sondern als Fähre zwischen den Flussufern. "Der Warentransport über Wasser war deutlich günstiger als zu Land.

Römische Lastkähne transportierten Getreide, Wein, Oliven, und gerade um das Jahr 100 nach Christus, der Entstehungszeit der Colonia Ulpia Traiana, vor allem auch Baumaterial nach Xanten", erklärte Schmidhuber-Aspöck. Allerdings besaßen derartige Lastkähne stets einen Treidelmast, um die Schiffe stromaufwärts vom Ufer aus mit Seilen zu ziehen. "Während des Bauprojekts stellte sich heraus, dass unser Transportschiff keinen Mastspant für einen Treidelmast gehabt haben kann", sagte die Archäologin.

Stattdessen erhärtete sich der Verdacht, dass das Schiff als Fähre zwischen den Flussufern diente. "Ein Hinweis dafür ist etwa, dass sich in den Bodenplanken Füllstücke befunden haben, um den Boden für Wagen zu ebnen. Ebenso dafür spricht die breite und flache Bug- und Heckform, die es ermöglicht, bis weit ans Land aufzufahren", erklärte die Archäologin.

Nützlich waren derartige Fähren vor allem zur Überquerung des Rheins. "Der Handel zwischen dem römischen Reich auf der linken und den germanischen Stämmen auf der rechten Rheinseite war sehr rege. Brücken allerdings gab es nur wenige", verdeutlichte Schmidhuber-Aspök. Angetrieben wurde die Fähre höchstwahrscheinlich nach Art der sogenannten Gierseilfähren, ergänzte sie. Dabei wird in der Mitte des Flusses ein Anker gesetzt, dessen Seil sich an der Fähre zweiteilt. Ein Seilende wird vorne am Bug, das andere am Heck befestigt. Durch Verkürzen und Verlängern der Seile bewegt sich die Fähre fort. Stakstangen helfen dabei, sich vom Ufer abzustoßen.

(RP)
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