Moers "Salafismus-Nährboden auch am Niederrhein"

Moers · Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sprechen in der Alten Volksschule am Hanns-Albeck-Platz.

Ausnahmsweise war am Montagabend bei einer Veranstaltung mit dem Landtagskandidaten Ibrahim Yetim (SPD) Fotografieren nicht erwünscht. Denn das Mitglied des Innenausschusses im Düsseldorfer Landtag hatte zwei Mitarbeiter des NRW-Verfassungsschutzes eingeladen: Hasret Cincik und der Islamwissenschaftler Volker Trusheim referierten über die Gefahren des Salafismus in NRW.

Den Salafismus haben Verfassungsschützer verstärkt unter Beobachtung genommen, seit sich eine größere Anzahl von Mitgliedern der islamistischen Bewegung terroristischen Gruppen im Nahen Osten angeschlossen haben. Von etwa 500 Mitgliedern im Jahre, so eine Auswertung der Verfassungsschützer, sei die Bewegung auf 2850 Personen in diesem Jahr angewachsen. 240 radikalisierte Islamisten reisten nach Syrien aus, davon etliche aus der so genannten Dinslakener Lohberg-Brigade. 60 halten sich inzwischen wieder in Deutschland auf. Yetim fühlt sich von dieser Entwicklung auch persönlich betroffen, weil er aus Lohberg stammt.

Der Salafismus, so Cincik, sei besonders für Jugendliche attraktiv, denen eine Orientierung fehle und die möglicherweise persönliche Kränkungen erlitten hätten. Diesen Menschen biete der Salafismus mit seiner Schwarz-Weiß-Ideologie, die Menschen in "Gläubige" und "Glaubensfeinde" aufteile, ein simples Weltbild.

"Unter den Salafisten", so die Verfassungsschützerin Cincik, "befinden sich auffallend viele religiös ungebildete Menschen." Etwa 90 Prozent der radikalisierten Salafisten hätten einen Migrationshintergrund.

Seit 2014 versuchen die Verfassungsschützer, Jugendliche durch das Präventionsprogramm "Wegweiser" vor einem Abgleiten in einen Islamismus zu bewahren, der Demokratie als Götzenanbeterei ablehnt. Inzwischen gibt es, jeweils in Zusammenarbeit mit lokalen Trägern, in NRW 13 Anlaufstellen, an die sich Jugendliche oder deren Eltern wenden können. Am Niederrhein finden sich diese Einrichtungen in Mönchengladbach, Duisburg und Dinslaken, Moers fehlt in der Aufstellung.

Das bedeute aber nicht, dass es in der Region keinen islamistischen Nährboden gebe, betonte Trusheim. Der Salafismus entwickele sich immer um einzelene Personen herum. "Wenn Sie Pech haben, und so einer zieht hierher, dann haben Sie im Nu auch hier eine Szene." Die Einschätzung teilten auch Besucher der Veranstaltung. SPD-Ratsherr Ahmet Temel berichtete von einem ihm bekannten Jugendlichen, der zunächst nur Probleme in der Schule gehabt habe. Dann sei ihm der junge Mann eines Tages auf der Homberger Straße begegnet - gekleidet in die für Salafisten typischen Pluderhosen.

Konrad Göke, Mitarbeiter der Diakonie, verweis darauf, dass es unter den Flüchtlingen ebenfalls viele orientierungslose Jugendliche gebe: "Viele von ihnen erleben jeden Tag Kränkungen." Laut Hasret Cincik bestehe aber gerade bei Flüchtlingen keine erhöhte Anfälligkeit: "Viele von ihnen haben den IS ja in ihrer Heimat miterlebt. Die sind dagegen gefeit."

(ock)
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