Xanten Scholten drängt sich an Spitze der CDU

Xanten · Tanko Scholten überrascht die CDU-Mitgliederversammlung mit seiner unangekündigten Kandidatur zum Parteichef. Daraufhin zog der bisherige Vorsitzende Rainer Groß zurück. Scholtens Start war holprig. Die Kreisgeschäftsstelle prüft den Wahlvorgang.

Xanten: Scholten drängt sich an Spitze der CDU
Foto: CDU

Die Bombe platzte um 20.20 Uhr. Rainer Groß gab bekannt, dass er nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden des CDU-Stadtverbandes kandidieren möchte. Zuvor befanden sich die Xantener Christdemokraten in einem ruhigen Fahrwasser. Sprach doch Rolf Lohmann als Gast der Jahreshauptversammlung am Mittwochabend in der Gaststätte "Zum Amphitheater" zu den insgesamt 53 stimmberechtigten Mitgliedern. Sie alle sollen, so der neue Weihbischof für den Niederrhein, nach Persönlichkeiten mit Profil suchen. Nach den Karl Leisnern dieser Stadt.

Ob nun Tanko Scholten (48) so eine Persönlichkeit ist, bleibt abzuwarten. Er ist jedenfalls der neue Chef der CDU Xanten. Mit 35 Ja- und elf Nein-Stimmen sowie sieben Enthaltungen wurde er als einziger Kandidat zum neuen Parteichef gewählt. Zum Vergleich: Rainer Groß sprachen vor zwei Jahren 50 von insgesamt 54 stimmberechtigten Mitgliedern das Vertrauen aus. Nur vier votierten damals gegen Groß, der nach dem plötzlichen Tod von Willi Janßen - wie er selbst sagt - "unvorbereitet ins Amt" kam.

Scholten, wohnhaft in Wardt, von Beruf Lehrer an der Gesamtschule Xanten-Sonsbeck und "gefühlt in 1000 Vereinen aktiv", hatte sich selbst erst am Samstagabend ins Spiel gebracht. "Er informierte mich am Rande eines Treffens mit dem Bürgermeister von Beit Sahour über seine Kandidatur", sagte Groß im Gespräch mit unserer Redaktion. Das war um 22.40 Uhr. Von da an zog sich der bisherige Vorsitzende der CDU Xanten, der sich in seinem Vorstandsbericht sehr kritisch zeigte ("Die Arbeit für den Stadtverband ist nicht so verlaufen, wie ich sie mir gewünscht hätte."), aus dem Vorhaben zurück, erneut zu kandidieren. Groß, sichtlich enttäuscht, aber nicht verbittert: "Ich habe bei der Vorstandssitzung im Oktober gesagt, dass ich noch einmal antreten würde, um zu zeigen, dass es auch anders geht, dass ich es besser kann. Ich habe gleichzeitig auch gefragt, ob jemand Lust hat, das Amt des Vorsitzenden zu übernehmen." Denn schon damals war klar: Wenn es einen anderen Kandidaten gibt, würde sich Groß nicht dagegenstellen. "Eine Kampfkandidatur kam für mich nicht infrage. Die CDU muss wieder zur Ruhe kommen, die Partei an erster Stelle stehen."

Im Oktober sagte Tanko Scholten, der zuvor stellvertretender Vorsitzende war, nichts. Im Gegenteil, wie Groß auf Nachfrage berichtete: "Ich habe ihn gefragt, ob er weitermachen oder ob er selbst das Amt des Vorsitzenden übernehmen möchte. Er lehnte ab, wollte sich meines Wissens sogar komplett aus der Vorstandsarbeit zurückziehen." Auch in den vergangenen Wochen hatte Groß nichts Gegenteiliges gehört. Warum er sich nun am vergangenen Samstag dafür entschieden hat, ist unklar. Scholten war - trotz mehrfacher Versuche - für die Redaktion gestern nicht zu erreichen. In der Versammlung selbst zeigten sich viele Mitglieder von der spontanen Kandidatur überrascht. Auch CDU-Fraktionsvorsitzender Pankraz Gasseling sagte: "Ich habe erst am Dienstag davon erfahren. Wir müssen sehen, ob nach den Worten jetzt auch Taten folgen."

So hatte Scholten am Wahlabend gesagt, dass er mehr als zuvor an der Sache arbeiten und Profil zeigen möchte. Als Mann, der nach eigenen Angaben die Kontroverse nicht scheut, aber auch gerne lange redet, möchte er sich den Menschen zuwenden. Scholten: "Wir können nicht mehr wie in den Jahrzehnten zuvor den Leuten die beste Idee vorsetzen und sagen, dass wir es besser wissen als ihr. Im Gegenteil: Wir müssen über Themen sprechen und gemeinsam zu Beschlüssen kommen. Und dabei viel mehr auf die Leute zugehen." Mehr noch: Er möchte die Menschen für die CDU mobilisieren und begeistern. "2019, in Vorbereitung auf die nächste Kommunalwahl, sollen sich die Leute um die Posten bei der CDU Xanten reißen", sagt Scholten voller Energie und Stolz. Leises Lächeln dagegen bei den Mitgliedern.

Das alles klingt vielversprechend - und doch war der Start von Tanko Scholten, der kein Freund von Bürgermeister Thomas Görtz ist, so ist es zumindest laut und deutlich aus CDU-Kreisen zu hören, holprig. So hatte sich nicht - wie üblich - der CDU-Kreisverband um die Stimmzettel für die Vorstandswahl gekümmert, sondern Scholten selbst. Auf eigenen Wunsch, wie Groß berichtete. Das Ergebnis: Es gab keine Ja-, Nein- und Enthaltungsfelder zum Ankreuzen. Stattdessen nur ein Kreis. Ein Kreuzchen, ein Ja oder auch nur ein "J" wurden für Scholten gezählt und ein Nein oder "N" gegen Scholten. Wer ein "E" eintrug oder den Zettel gar nicht beschriftete, enthielt sich der Stimme. Das sorgte bei vielen Mitgliedern für Irritationen. "So etwas hat es noch nie gegeben. Das war nicht in Ordnung", sagte Regina Nitsche gegenüber unserer Redaktion. Auch Matthias Broeckmann, der als stellvertretender Kreisvorsitzender die Vorsitzendenwahl leitete, sagte: "Ich habe erst einmal unseren Kreisgeschäftsführer Josef Elsemann angerufen. Er wird prüfen, ob die Wahl so in Ordnung ist." Elsemann bestätigte das auf Nachfrage.

Den neuen Vorstand der CDU Xanten komplettieren übrigens Raphael Zur und Thomas Janßen. Sie sind die beiden Stellvertreter von Scholten. Schatzmeister bleibt Berthold Theußen, Geschäftsführer ist Daniel Mowagharnia und Mitgliederbeauftragter Dietmar Kisters. Peter Giesen, Justus Janßen, Kathi Schmidthüsen, Ingrid Wolfram und Thorsten Veldkamp wurden zu den Beisitzern gewählt.

(RP)
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