Xanten Sebastian 23: "Die Schwerkraft ist überbewertet"

Xanten · Die "Akzente" in Duisburg bot diesmal auch einem Poetry-Poeten eine Bühne: Einen der besten Vertreter des Genres.

Das Akzente-Motto "Umbrüche" war der Auslöser: Zum ersten Mal boten der Verein für Literatur Duisburg und die Stadtbibliothek einem Slam-Poeten die Bühne für ein Soloprogramm. Und mit Sebastian 23, der am 23. (!) März 1979 in Duisburg geboren wurde, konnte man einen der besten Vertreter dieses Genres gewinnen, das in den vergangenen Jahren überaus populär geworden ist. Klar, dass am Samstagabend der Vortragssaal im Stadtfenster restlos ausverkauft war.

Unglaublich, wie Sebastian 23 seine frischen Texte mit sprachlicher Akrobatik auswendig vorträgt. Dazwischen moderiert er scheinbar aus dem Ärmel. Und wenn eine Zuhörerin zwischendurch mal aufsteht, um zum Klo zu gehen, dann kommentiert er das charmant, frech, auf jeden Fall ziemlich witzig. Normalerweise stellen sich "Slampoeten" einem Wettbewerb. Dabei geht es darum, mit seinen Texten beim Publikum zu punkten. Das hatte Sebastian 23, der in Freiburg Philosophie studierte, diesmal nicht nötig. Dennoch wurde klar, weshalb er bei internationalen Slam-Meisterschaften zu den Spitzenleuten gehört. Die meisten Texte, die Sebastian 23 bei seinem Duisburger Auftritt performte, stammen aus einem jüngsten Buch mit dem witzig-philosophischen Titel "Hinfallen ist wie anlehnen, nur später". Ihre volle Wirkung entfalten die Gedichte oder rhythmischen Skizzen beim Live-Vortrag. Da werden die Zeilen, die oft mit überrumpelnder Geschwindigkeit vorgetragen werden, zum Event.

Manches ist albern, doch vieles hat durchaus Tiefsinn, der freilich mit so viel Leichtigkeit präsentiert wird, dass die Mienen der Zuhörer stets erhellt bleiben. Da reihen sich die Pointen und Gedankenblitze auf eine Art aneinander, dass das Zuhören eine wahre Freude ist.

Dazwischen singt Sebastian 23, sich selber auf der Gitarre begleitend, einige Songs, deren Texte verblüffen. Neben eher harmlosen Ratschlägen wie "Ruf doch mal die Bahn an und sagst, dass du dich heute verspätest", bot der heutige Wahl-Bochumer auch Texte, die es in sich haben; etwa seine "Trojanischen Worte" über die Verschleierung der Wirklichkeit mit Mitteln der Sprache. Zu seinen Paradenummern gehört der Text "Die Schwerkraft ist überbewertet"; ein Appell, der Leichtigkeit des Seins nachzuspüren.Sebastian 23 skizziert seine Karriere in wenigen Zeilen, die er mit "Paradox" überschreibt: "Seit ich anfing, vom Leben zu schreiben, war es mir plötzlich möglich, vom Schreiben zu leben."

Riesenapplaus!

(pk)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort