Interview: Rp-Serie 50 Jahre Lebenshilfe Unterer Niederrhein (teil 2) Spielerische Förderung für alle Kinder

Xanten · Philipp (5) ist seit einer Hirnblutung im Alter von knapp einem halben Jahr gehandicapt. Seit 2011 besucht er die integrative Kita Waldblick der Lebenshilfe. Und hat dank umfangreicher Förderung viele Fortschritte - und erste Schritte - gemacht.

Interview: Rp-Serie 50 Jahre Lebenshilfe Unterer Niederrhein (teil 2): Spielerische Förderung für alle Kinder
Foto: gkr

Begeistert untersucht Philipp die Fotokamera - keine Frage, der Fünfjährige ist technikinteressiert. Sein Lächeln und seine Art, auf Neuankömmlinge zuzugehen steckt an. Dass er im wahrsten Sinne des Wortes auf sie zugehen kann, das hätte vor einigen Jahren wohl keiner für möglich gehalten. Denn Philipp erlitt im Alter von knapp einem halben Jahr einen Schlaganfall, der zu einer Hirnblutung führte. Diese hatte eine dauerhafte Hirnschädigung zur Folge, seine rechte Körperhälfte ist seitdem gelähmt. Seit 2011 besucht er die integrative Kita Waldblick der Lebenshilfe und macht dort beständig Fortschritte. "Wenn Philipp nicht hier gelandet wäre, wäre er jetzt nicht so weit, wie er ist", ist sich seine Mutter Melanie Theußen-Büchler sicher.

Rückblick: Am 1. Oktober 2008 kam Philipp mit nur 440 Gramm in der 27. Schwangerschaftswoche zur Welt. Zwölf Wochen Intensivstation folgten. "Am 24. Dezember wurde er mit 2000 Gramm entlassen", erinnert sich seine Mutter. Alles sah gut aus, der Kleine war gesund. Doch dann erlitt Philipp in der Nacht auf den 7. März 2009 einen Schlaganfall. Der hatte nichts mit der Frühgeburt zu tun, sondern ist zurückzuführen auf eine Blutgerinnungsstörung, wie die Eltern mittlerweile wissen. Noch am selben Tag wurde der Kleine operiert. Einen Tag später sagte man den Eltern, er würde sterben. "Zweieinhalb Wochen danach konnten wir ihn nach Hause holen. Er war schon immer ein Kämpfer", sagt Melanie Theußen-Büchler.

Seitdem erhält Philipp die Förderung, die er braucht. Zuerst über die Frühförderung, und nun bald schon im vierten Jahr in der heilpädagogischen "Zaubertroll"-Gruppe. In dieser Gruppe werden ausschließlich Kinder mit speziellem Förderbedarf betreut. "Hier bekommt Philipp ein umfangreiches Förderprogramm. Physio- und Sprachtherapie - die ganze Palette", erklärt Kita-Leiterin Annegret Tigges-Willemsen. Dazu gehört auch Integrationshelferin Ina Behet, ausgebildete Heilerziehungspflegerin. "Es ist gut dass er sie hat, sonst käme er nicht so weit", sagt die Leiterin. Stück für Stück macht Philipp Fortschritte. "Als er im Oktober 2011 in die Kita kam, konnte er gerade sitzen, mehr aber auch nicht", sagt Mutter Melanie Theußen-Büchler. Integrationshelferin Ina Behet ist im Kita-Alltag vor allem für Phillip da. "Er braucht jemanden, der Zeit für ihn hat", sagt die Heilerziehungspflegerin.

Insgesamt kümmern sich - Therapeuten mit eingerechnet - fünf Mitarbeiter, teils in Teil-, teils ins Vollzeit, um die acht Zaubertrolle. "Die Kinder können so sein, wie sie sind", sagt Tigges-Willemsen. Man gucke, was ein Kind kann und wo die Grenzen erreicht sind. "Ohne Leistungsdruck, aber mit einem Ziel vor Augen", so die Leitern.

Für Mutter Melanie Theußen-Büchler ist die umfassende Förderung und der therapeutische Ansatzin der Kita eine riesen Entlastung. Die Möglichkeiten, die hier geschaffen werden, könne man so zuhause nicht schaffen - gerade auch in Bezug auf den Austausch und das Miteinander mit anderen Kindern mit und ohne Behinderung. Sie guckt nach vorne, hat die Behinderung ihres Sohnes angenommen. "Man muss lernen, damit zurechtzukommen. Ich bin glücklich, dass mein Kind überlebt hat, das gibt mir die Kraft", sagt sie.

"Jeder noch so kleine Fortschritt ist für uns ein Fest", sagt die 36-Jährige, die mit den Kindern Philipp und Leni (2) und Mann Christian in Birten lebt. Eine solche Spontan-Feier gabe es beispielsweise in dem Moment, als Phillip das erste Mal aus einem Strohhalm getrunken hat. "Ein Riesen-Fortschritt", erinnert sich die Mutter. So wie die Tatsache, dass Philipp mittlerweile schon ein paar Schritte alleine gehen kann.

"Es ist wichtig, dass es Menschen gibt, die ihn so nehmen, wie er ist und ihn da abholen, wo er steht", sagt sie. Solche Menschen hat Philipp in der integrativen Kita Waldblick gefunden.

(RP)
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