Lokalsport Elf Abteilungen in einer Vereinschronik

Xanten · Vor 50 Jahren fusionierten die TuR Siegfried und DJK Viktor zum TuS Xanten. Ein Buch dokumentiert die Entwicklung.

Was Spiele wie Schalke gegen Dortmund und Köln gegen Mönchengladbach heute noch bedeuten, das waren in der Domstadt vor über einem halben Jahrhundert die Begegnungen von TuR Siegfried gegen DJK Viktor Xanten. Derbys, bei denen es rund ging. Aber hier nur auf dem Platz, hinterher konnten sich Spieler und Fans wieder in die Augen schauen.

Eines Tages jedoch war mit den zeitweilig packenden Lokalkämpfen auf dem Rasen Schluss; Miteinander war plötzlich angesagt, nicht weiter gegeneinander. Die beiden Kontrahenten in Sachen Fußball fusionierten vor genau 50 Jahren zum größten Sportverein der Stadt, dem TuS Xanten. Unter anderem gaben finanzielle Gründe den Ausschlag, aber auch die Einsicht, dass man zusammen stärker war. Was anschließend zeitweilig die Kicker gar in die dritthöchste deutsche Spielklasse hochkatapultierte.

Versuche einer Fusion hatte es schon vor 1966 gegeben, berichtet die Vereinschronik "50 Jahre TuS Xanten - Eine Erfolgsgeschichte", die gerade zum Jubiläum erschienen ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel kickte man für einige Jahre gemeinsam, ehe das Bündnis dann doch wieder zerbrach. Oder 1964. "Damals war die Resonanz gering", sagt heute der Vorsitzende Heinrich Gundlach, "da die Interessen der Fußballabteilungen zu sehr im Vordergrund standen." Ein Jahr später nahm die Fusion dann doch konkrete Formen an. Gundlach: "Jetzt wurden auch die Abteilungen einbezogen." Die vielen persönlichen Kontakte unter den Mitgliedern beider Vereine sorgten für ein entspanntes Klima. Die sportlichen Erfolge vor allem der Fußballer und der Leichtathleten in den folgenden Jahren erleichterten das Zusammenwachsen.

Die Zahl der Abteilungen hat sich deutlich erhöht von anfangs vier auf heute elf. Neu hinzugekommen sind Handball (1973), Schwimmen (1974), Herzsport (1984), Badminton (1985), Triathlon (1987), Rad- und Kampfsport (beide 2012) "Wir sind viel breiter aufgestellt", sagt Gundlach. "Damit hat der TuS bewiesen, dass er bereit ist, sich an die Entwicklungen des Sports anzupassen."

Anderes hat sich ebenfalls geändert, positiv wie negativ. 1966 gehörten nur zwölf Frauen dem Verein an, heute sind es rund 1000, die 400 Mädchen inklusive. Das sei die Folge eines ausgeweiteten Angebots im Breitensport, das von Frauen bevorzugt angenommen werde, meint der Vorsitzende. Ein positiver Trend ist zudem, dass immer mehr Kinder und Jugendliche verschiedene Sportarten gleichzeitig betreiben und so die Angebote des Innenstadtclubs nutzen.

Andererseits wird auch der große TuS mit 2400 Mitgliedern an Kooperationen mit anderen Vereinen mittelfristig nicht vorbeikommen. Das wird eine der Aufgaben sein, der sich der künftige neue Vorsitzende annehmen muss. Gundlach selbst will 2017 nach 36 Jahren sein Amt zur Verfügung stellen. "Es ist sehr schwer, ohne Spielgemeinschaften noch Mannschaften zu nominieren", urteilt er. Es gebe zu wenig Kinder, die Interessen hätten sich gewandelt, die Verantwortung, immer für die Mannschaft da zu sein, sei verschwunden. "Früher reichten für eine Mannschaft 15 Spieler, heute sind 20 oder 25 nötig", sagt er zu den Absagen, die die Trainer vor jedem Spieltag vor zusätzlichen personelle Herausforderungen stellt.

Zu den gesellschaftspolitischen Aufgaben des Vereins gehört ferner die Integration von Flüchtlingen. Sie kicken vor allem in der zweiten Mannschaft mit, doch die Fluktuation ist groß. Viele sind inzwischen wieder weg, nachdem ihre Asylanträge beschieden sind und damit ihre Residenzpflicht am zugewiesenen Wohnort entfällt.

Info: Die Chronik "50 Jahre TuS Xanten" hat 120 Seiten und ist im anno-Verlag erschienen. Sie kostet 9,95 Euro. Bezugsquellen sind neben dem Buchhandel die Abteilungsleiter und das TuS-Vereinsheim auf dem Fürstenberg.

(RP)
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