Rheinberger Stadtgeschichte Fastelowend auch im Pestjahr 1636

Xanten · RHEINBERG (nmb) Egal wie schlecht es um die Stadt und ihre Bürger bestellt ist: Die Rheinberger sind wahre Stehaufmännchen und meistern jede noch so miserable Lage mit viel Humor. Die Stadt ist klamm, überall wird der Rotstift angesetzt, das Haushaltsdefizit beträgt satte 3,5 Millionen Euro - egal: Ihren Fastelowend lassen sich die Rheinberger nicht nehmen. Für die Dauer der tollen Tage werden alle Sorgen über Bord geworfen. Das soll übrigens schon früher so gewesen sein, hat Stadtführer, Heimatforscher und Rheinberg-Kenner Werner Kehrmann recherchiert.

RHEINBERG (nmb) Egal wie schlecht es um die Stadt und ihre Bürger bestellt ist: Die Rheinberger sind wahre Stehaufmännchen und meistern jede noch so miserable Lage mit viel Humor. Die Stadt ist klamm, überall wird der Rotstift angesetzt, das Haushaltsdefizit beträgt satte 3,5 Millionen Euro - egal: Ihren Fastelowend lassen sich die Rheinberger nicht nehmen. Für die Dauer der tollen Tage werden alle Sorgen über Bord geworfen. Das soll übrigens schon früher so gewesen sein, hat Stadtführer, Heimatforscher und Rheinberg-Kenner Werner Kehrmann recherchiert.

In Rheinberg mussten die Bürger schon lustig und lebensbejahend sein. Denn um keine Stadt wurde so viel Krieg geführt wie um das alte Berka. Entweder man überlebte mit Humor oder man ging unter. Es gab tatsächlich eine Zeit im 17. Jahrhundert, da waren fast keine Rheinberger mehr da. Viele waren bei kriegerischen Handlungen ums Leben gekommen. Aber der Überlebenswille der Bevölkerung war phänomenal.

Eines haben sich die Berka-Städter nie nehmen lassen: die Fastnacht. In der fünften Jahreszeit hat die Stadt immer kopfgestanden. Das haben Hans-Theo Mennicken und Heinz Janssen in ihrem Buch "Vom Rhinberkse Fastelowend" beschrieben. In Rheinberg wird seit Jahrhunderten Karneval gefeiert. In Protokollen werden die Jahreszahlen 1550 und 1633 genannt, nähere Hinweise auf das "Wie" finden sich aber nicht. Werner Kehrmann hat nun ein Buch aus dem Jahre 1879 gefunden, in dem sich ein kleiner Bericht über den Karneval in Rheinberg findet - Fastelowend anno 1636. Und das war für Rheinberg ein besonders schlimmes Jahr, wie Kehrmann schreibt: "Eine Pestwelle rollte über den Niederrhein, unser Städtchen wurde voll getroffen, viele Tote. Am 28. Februar ging es los. Der Bürgermeister sorgte dafür, dass das Rathaus und die Stadt gereinigt wurden. Zwei Fenster wurden in das Rathaus gebrochen, damit der Rauch des verbrannten Strohs abziehen konnte und das Fleisch in der Fleischbank nicht geschädigt wurde. Italienische Landsknechte, die alle verlaust waren, hatten im Rathaus auf Stroh kampiert, das wurde dann verbrannt. Der andere anfallende Dreck wurde außerhalb der Stadt entsorgt. Die Pesttoten kamen ganz schnell in "Kisten" und wurden verscharrt. Der Bürgermeister hatte zugegeben, dass er die Reinigungsarbeiten nur auf Druck der letzten überlebenden Rheinberger durchgeführt hat. Unter den herrschenden Umständen, wo doch die Pest ihren Einzug in die Stadt gehalten hatte, hätte man erwarten dürfen, dass dieser Druck sich auch auf ein Verbot der Fastnachtsfeier erstreckt hätte. Aber weit gefehlt: Fastnacht wurde flott gefeiert, und den städtischen Mühlenknechten und dem Rector der lateinischen Schule nebst seinen Chorsängern, die eine Comödie aufführten, wurden nach üblichem Brauch zwei Tonnen Bier spendiert. Die Fastenzeit war herangekommen. Da wurde es wohl auch dem Herrn Bürgermeister warm ums Herz, und reichlich flossen die Gaben aus der städtischen Kasse." Und die Moral von der Geschicht': Rheinberg ohne Karneval - das geht wohl nicht.

(RP)
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